Vom Umgang mit den Gedenktagen

Vom Umgang mit den Gedenktagen

Wenn ein geliebter Mensch geht, hinterlässt er Spuren im Leben der Hinterbliebenen. So vieles erinnert an ihn, seien es Kleidung, Gegenstände, Bilder, Briefe und Tausende schöne Stunden, die man gemeinsam verbrachte. In den Herzen der Menschen, die ihn geliebt haben, lebt er weiter. Der Umgang mit seinem Nachlass ist so unterschiedlich wie auch die Menschen, die um ihn trauern. Die einen bewahren seine Sachen jahrelang auf und möchten sich von nichts trennen, die anderen ertragen den Anblick vieler Dinge nicht und geben sie an Verwandte, Bedürftige oder spenden sie. Manche verlassen die gemeinsame Wohnung und andere fühlen sich ihren Verstorbenen dort besonders nah.


Was aber ist mit den besonderen Tagen, diese Tage bleiben ein Leben lang. Jedes Jahr werden sie uns an den geliebten Menschen erinnern. Der schmerzlichste dieser Tage ist der Todestag. Der Tag an dem sich unser Leben so grundlegend änderte, denn seit diesem Tag wissen wir was Trauer ist. Besonders angstvoll schaut man dem ersten Todestag entgegen. Denn dann ist unser Mensch schon seit einem Jahr gegangen und alle schmerzlichen Erinnerungen an dieses Ereignis kommen wieder in uns hoch. Die Geburtstage, jedes Jahr rechnen wir, heute wäre unser verstorbener Mensch 40, 50, 60, 70 Jahre alt geworden. Aber er wird es nicht, seine Zeit ist stehengeblieben, viel zu früh. Und dann gibt es noch so viele andere Tage, die uns wichtig sind. Kennenlerntag, Hochzeitstag, Weihnachten, Silvester und was den einzelnen Menschen etwas bedeutete. Für die Todestage und Geburtstage haben viele Trauernde Rituale entwickelt. Die einen verbringen den Tag allein und sind in Gedanken bei dem geliebten Menschen. Andere gedenken seiner mit Familie oder Freunden.


Auch ich hatte große Angst vor dem ersten Todestag. Ein Jahr sollte der Partner schon nicht mehr da sein. Mir war, als wäre er eben noch hier gewesen. An die Wochen und Tage vor dem Todestag wollte ich gar nicht denken, denn da waren wir noch so völlig ahnungslos. Im Hinblick auf das was dann geschah, erscheint diese Zeit jetzt in einem ganz anderen Licht. Auch diese Tage umgibt bereits die Trauer. So blieb ich am ersten Todestag allein mit meinem Lebenspartner, ich gedachte unserer gemeinsamen Zeit, saß lange an seiner letzten Ruhestätte, las in unseren Nachrichten. Die Gedanken an das Ende schmerzten so sehr und die Bilder standen vor meinem inneren Auge.


Hier erzählen uns andere Trauernde, wie sie diese Tage gestalten werden, gestaltet haben, was für sie wichtig war und ist.


Rotes Herz


Ohne Dich – Gedenken an den Lebenspartner/-partnerin

Am ersten Todesgedenktag habe ich viele gemeinsame Freunde zu unserem Lieblingsitaliener eingeladen! Nach gutem Essen und Getränken wurden von allen auf den Luftballons die Wünsche an Gudrun geschrieben und die Ballons wurden gemeinsam in den Himmel losgelassen! Dies war sehr emotional, nicht nur für mich!


Alle weiteren Todesgedenktage habe ich alleine verbracht, weil sich immer weniger Freunde gemeldet hatten! Zu allen Todesgedenktagen habe ich vor die Grabstelle in der Kolumbariumwand einen schönen Blumenstrauß gestellt, wo mindestens ein befreundetes Paar auch Blumen hingestellt hat! Am 2. und 3. Gedenktag haben sich aber auch ihre Kegelschwestern vor der Grabstelle getroffen, um Gudrun zu gedenken!

Zum Treffen ihrer Kegelfreundinnen zum Jahresausflug oder zur Damensitzung im Karneval spende ich einen Betrag, für den "Absacker" mit Gudrun und freue mich, wenn sie mir ein Foto davon schicken!


Sowohl zum Gedenktag, Hochzeitstag und Geburtstag stelle ich immer einen Blumenstrauß vor ihre Grabstelle!

Ein Ritual, welches ich von Gudrun übernommen habe ist, dass ich zu den Geburtstagen der Freunde immer Blumen mitbringe und diese bis heute damit überrasche, weil sie das von mir nicht kennen und ich ihnen sage: "Das hätte Gudrun so gewollt"!




Meine persönlichen Trauerrituale (besonders um die besonderen Tage herum) habe ich noch nicht gefunden.

Aber ich habe ja jetzt auch genug Zeit, um zu schauen was mir da nur ansatzweise helfen könnte.

Heute habe ich den vierten, jeweils ersten Gedenktag hinter mich gebracht. Den ersten Geburtstag nach ihrem Tod, den ersten "Zusammenkomm-Tag" ohne sie, den ersten Todestag und heute dann der 1. Jahrestag ihrer Beerdigung.

Alle Tage fielen mir schwer aufs Gemüt, es begleitet einen schon Tage zuvor mit einem Wirrwarr der Gefühle.

Dazu kommen noch die ersten Male Weihnachten, Silvester, Ostern ohne sie, der erste "Urlaub" seitdem sie nicht mehr da ist.

Besonders bei ihrem Geburtstag und ihrem 1. Todestag musste ich sehr viel heulen, die Tage davor und danach waren wie mit Blei an den Füßen.

Ich denke, ich werde es in Zukunft so halten wie bei den ersten Malen, nur dass ich nicht wieder an den Ort zurückkehren will, wo sie verstarb. Das Thema ist jetzt für mich vorbei, weil ich fühlte, wie sehr mich der Besuch der Intensivstation belastet hat. Das will ich nicht mehr. Ansonsten werde ich mich immer mit den engsten Leuten aus unserem Umfeld treffen, ihr Grab besuchen und abends natürlich indisch essen gehen. Und wenn es das Wetter zulässt, auch den roten Herzballon an ihrem Grab steigen lassen. Eigentlich will ich es so fortsetzen, dass jeder Tag ein Gedenktag an meine große Liebe bleibt. Es soll so sein wie zu Weihnachten etc. bei uns, warum gerade an diesen Tagen etwas schenken, wenn wir es jeden Tag tun können, oder Valentinstag, warum gerade an diesem Tag lieben, wir taten es jeden Tag. So stell ich mir die Zukunft vor.




Bei mir sind es morgen 24 Wochen, dass mein Mann mich verlassen musste, seinen 64. Geburtstag, den er nicht mehr erleben durfte. 51 Tage nach seinem Tod war in diesem Jahr Ostersonntag. Ich habe diesen Tag gemeinsam mit meiner Tochter zu Hause verbracht. Wir haben Kerzen angezündet, sehr viel über Norbert gesprochen, Bilder angeschaut, die gemeinsamen Jahre Revue passieren lassen, gemeinsam viel geweint, aber auch gelacht über lustige Begebenheiten und Bilder, es war eine Achterbahn der Gefühle.


An dem Tag, an dem wir uns vor 43 Jahren kennen gelernt haben und wie vom Blitz getroffen waren, war ich allein mit meinen Erinnerungen.

Für mich ist jeder Tag ein Gedenktag an meinen Mann, an dem ich Kerzen anzünde, seine Bilder anschaue, frische Blumen hinstelle und mich an unser gemeinsames glückliches Leben erinnere. Er gehört weiter zu meinem Alltag, auch wenn er nicht mehr hier bei mir ist.



Tulpen in der Sonne


Bei mir gibt es immer 5 wichtige Tage in Zusammenhang mit dem Tod meiner geliebten Angehörigen, drei davon für meine Lebenspartnerin.

* der Tag, an dem Dorit mit Herzversagen zusammengebrochen ist. Er ist identisch mit dem Todestag meiner Mutter.

Ich fertige eine Gedenktafel an (Ausdruck eines Gedenktextes und Einbringen in einen Fotorahmen) und lasse den Tag, wie er am 13.05.2019 passierte, noch einmal Revue passieren und trage die Gedenktafel von der Unglückstelle über das Klinikum zum Friedhof. Dort stelle ich sie an der Grabstelle ab.

* der Tag, an dem Dorit nicht mehr aus dem künstlichen Koma erwachte und verstarb (20.05.2019)

Auch für diesen Tag fertige ich eine Gedenktafel an und bringe diese zum Friedhof. Ich stelle sie auch auf der Grabstelle ab.

* der Tag, an dem Dorit beerdigt wurde

Für diesen Tag fertige ich eine Gedenktafel mit Dorits Urnenbild an und fahre zur Trauerhalle um 15 Uhr. Ich setze mich auf eine Bank neben der Trauerhalle und versinke in Gedanken an die gemeinsame Zeit mit Dorit, so wie damals die Trauerrednerin Anekdoten aus meinem gemeinsamen Leben mit Dorit erzählte.

Danach fahre ich zur Grabstelle auf dem Friedhof und stelle die Tafel ab. So gedenke ich noch einmal dem Tag von Dorits Beerdigung.




Bisher habe ich versucht, alle Gedenktage in Ruhe zu verbringen, teilweise mit lieben Leuten, teilweise ganz bewusst alleine. Das entscheide ich immer ein paar Tage vorher und es ist abhängig davon, wie es mir geht. Der 3. Gedenktag war unerwartet schwer, aber auch aus diesem Trauerloch kam ich einige Tage später wieder raus.

Bei mir häufen sich die Gedenktage für Mike zwischen Mitte Dezember und dem 8. Januar. Dann noch der 1. Februar, der Tag seiner Beerdigung, dann habe ich das Schlimmste wieder überstanden. Alle anderen Gedenktage für die vielen Verwandten und Freunde sind irgendwie leichter zu ertragen

Ich habe ganz bewusst weiterhin im Dezember einige Wochen Urlaub. Mir liegt nichts an Weihnachten, aber ich möchte Zeit und Ruhe für mich haben und mich erholen und die Gedanken sortieren.

Zeichen von Mike bekomme ich oft genug und es tut gut, auf diese Art etwas von ihm zu bekommen.




Im ersten Jahr habe ich an jedem 25. eine Rose auf sein Grab gelegt.

In der Woche vor seinem Todestag und etwas danach habe ich die Erinnerungen an seine letzte Woche und die Tage danach genau aufgeschrieben. In dieser Zeit habe ich all die Tränen geweint die ein Jahr zuvor nicht kommen wollten. Es war sehr schmerzhaft und hat mir gleichzeitig gutgetan, es ist schwer zu beschreiben.

Am ersten Todestag bekam er eine Schale in Herzform, gefüllt mit Rosen, auf sein Grab. Danach einen Strauß oder eine Pflanzschale.

Sieben Monate nach Reiners Tod war die Konfirmation unseres Jüngsten. Ich habe auf dem Sideboard ein Bild von Reiner aufgestellt mit einer Kerze und einem Teil der Tischdekoration.

Das erste Weihnachten versuchten wir zu feiern wir immer, also der gleiche Ablauf usw., die Jungs und ich stellten einen kleinen Weihnachtsbaum auf sein Grab. Es funktionierte nicht. Seither gibt es keine Rituale mehr, außer einem Weihnachtsbaum im Wohnzimmer und einem gemeinsamen Essen oder Kaffee trinken. Es verläuft jedes Jahr etwas anders. Ostern genauso.

An seinem Geburtstag denken wir an ihn. Aber eine Feier ohne ihn ist sinnlos, weil ich nicht sein Leben feiern kann, wenn er nicht mehr lebt. Mir fällt leider nicht mehr ein, was ich an seinem ersten Geburtstag nach seinem Tod gemacht habe, außer natürlich Blumen auf sein Grab zu bringen.

Nach neun Jahren kann es heute passieren, dass ich den einen oder anderen Gedenktag vergesse. Dafür denke ich an ganz vielen anderen Tagen an ihn. Unser Leben bestand ja nie nur aus Gedenktagen.




Umgang mit den Gedenktagen... hmmm...

Ich nehme mal unseren nahenden Hochzeitstag (26.09.2020) her. Es ist unser 3. und gleichzeitig mein erster alleine. Wir wollten an diesem Tag uns jedes Mal in unser Hochzeits-Outfit werfen, nett Essen gehen usw.

Ursprünglich habe ich mir fest vorgenommen, an diesem Tag bewaffnet mit einem Foto, einer Kerze und einem Engel in das Restaurant zu gehen, in dem wir auch unser Hochzeitsessen hatten. Das Restaurant hat an dem Tag geschlossen.

Gut, dann ein anderes Restaurant, in dem wir des Öfteren Essen oder beim Vorbeigehen auf einen Gespritzten waren.

Je näher dieser Tag rückt, desto mehr merke/spüre ich, dass ich das nicht schaffe: Ich würde schon beim Aufbau meiner Gedenksachen weinen, beim Bestellen weinen, dann vielleicht ein paar Bissen runterwürgen, das Essen einpacken lassen und heulend nach Hause verschwinden.

Daher werde ich mir bereits einen Tag vorher "irgendein" Essen abholen, in den Kühlschrank stellen. Um ja nicht am Hochzeitstag einen Schritt vor die Tür setzen zu müssen.

Am Hochzeitstag dann werde ich alles zu Hause richten, zu Hause essen, Fotos/Videos unserer Hochzeit ansehen, mich zu meinem Mann (Urne, Gedenk-Vitrine) setzen, ihm einen Liebesbrief vorlesen...

Und bei allem WEINEN; WEINEN; WEINEN




Der erste Gedenkgeburtstag:

Der war sehr schwierig. Uli ist am 13.05.14 gestorben und sein Geburtstag ist am 31.05. Da wäre er letztes Jahr 50 geworden.

Geplant hatte ich an diesem Tag nichts so wirklich. Ich war ja noch in der Katastrophenzeit. Eine Woche zuvor erst die Beerdigung, alles noch so extrem unwirklich.

Ursprünglich war ja zu seinem Geburtstag eine Kurzreise nach Rügen geplant.

An seinem Geburtstag hatte ich eine Geburtstagskarte, Blumen und ein Porzellanfigürchen gekauft. Das habe ich dann ans Grab gebracht und mit ihm geredet.

In der Karte habe ich ihn direkt angesprochen:


Mein süßer Schatz,

das erste Mal, dass wir Deinen Geburtstag an dieser Stelle hier feiern. Ich wünsche Dir von Herzen alles erdenklich Gute, da wo Du jetzt bist.

Auch wenn Deine körperliche Nähe fehlt, spüre ich Dich immer an meiner Seite.

Jetzt wandern wir in unserem Herzen den wunderschönen Sandstrand von Rügen entlang. Hören das Meeresrauschen und spüren den Sand zwischen unseren Zehen.

Schmecken die Seeluft und sind ganz einfach glücklich zu zweit.

Für Dich bleibe ich hier. Aber ich freue mich über jeden Tag der vergeht, denn er bringt mich einen Tag näher zu Dir!

Ich liebe Dich von ganzem Herzen, jetzt und für immer!


Ich konnte allerdings nie eine richtige Verbindung zum Grab herstellen. Und ich mache mir auch keine Sorgen deswegen. Jeder sieht und empfindet das halt anders.

An dem Tag hatte ich zufällig auch den Termin bei meiner Tätowiererin für das Gedenktattoo.

Ich habe das an dem Tag so wie beschrieben gemacht. Aber es hat sich irgendwie nicht richtig angefühlt. Als ob die Aktion ins Leere verpufft wäre.

Dieses Jahr werde ich an dem Tag etwas anderes machen. Was genau, weiß ich noch nicht. An dem Tag habe ich frei, weil es ein Sonntag ist, also kann ich noch überlegen.


Den Jahrestag vom Sterbetag werde ich so verbringen: Ich habe Urlaub über diese Zeit. Ich weiß, dass ich da sowieso nicht arbeiten könnte.

Ich fahre zu meiner Schwester. Sie hält den Tag auch frei von Terminen. Dann werden wir einen schönen, langen Spaziergang machen und grillen. Dinge, die Uli sehr gefallen haben. Denn es ist ihm zu Ehren. Und so soll es sein.

Wie es dann war, werde ich dann entsprechend berichten



Ein Herz: Wir vermissen Dich

Ohne Dich – Gedenken an ein Kind

Als der erste Todestag unseres Sohnes kam, war ich vorher schon eine Zeit bei einer Trauerberaterin. Sie riet mir, an diesem Tag einen Kuchen zu backen, den unser Sohn gerne mochte. Ich fand dies eine gute Idee und an diesem Tag backe oder koche ich nun Gerichte, die unser Sohn gerne mochte. Da man ja nicht weiß, was einen in der "Anderswelt" erwartet und ob der Verstorbene sich an diesem Tag zu Hause aufhält, fühlt sich die Sache für mich auch gut an. Natürlich versuche ich auch am Grab die Blumen zu pflanzen, die er gerne mochte. Es gibt irgendwie ein gutes Gefühl, über den Tod hinaus noch das Richtige zu tun.

Der Schmerz wird bleiben, aber dennoch wünscht man sich, der Verstorbene möge das noch wahrnehmen. Manchmal erhalte ich danach auch Zeichen, also werde ich die Rituale beibehalten.



Im Nachhinein weiß ich gar nicht mehr, wie genau ich mich am ersten Sterbetag meines Sohnes gefühlt habe, sicher habe ich es hier im Forum geschrieben, wie auch am zweiten Sterbetag, an den Geburtstagen und so oft dazwischen ... es hat sich nichts geändert, er fehlt mir, es tut weh und auch, wenn ich vor dem Geburtstag und noch viel mehr vor dem Sterbetag zusätzlichen depressiven Stimmungsschwankungen ausgeliefert bin, so ändert sich die Grundstimmung nicht ... immer noch weine ich jeden Tag, immer noch ist tagtäglich mein erster und letzter Gedanke mein Sohn... an den besonderen Tagen aber will ich alleine sein und suche keine Ablenkung von meinem Schmerz, an diesen besonderen Tagen lasse ich mich hineinfallen in die Erinnerungen und fühle mich meinem Sohn noch näher...heuer jährt sich sein Todestag zum dritten Mal.




Der erste Gedenk-Geburtstag meiner Tochter Wiebke

Vor Wiebkes erstem Gedenk-Geburtstag am 24.01. hatte ich große Angst, da ich noch immer großen Schmerz und große Trauer über ihren Tod empfinde. Meinem Mann und meinem Sohn ging es ähnlich. Ich weiß, dass ihr Lebensgefährte und ihre Freunde ebenfalls noch sehr um Wiebke trauern. Also lud ich alle für 17 Uhr an ihr Grab ein. Wir waren 12 Personen. Ich hatte reichlich Grabkerzen dabei. Wir entzündeten alle 30 Kerzen und verteilten sie auf der Grabstätte. Es war ein schöner Anblick in der Dunkelheit. Wunderkerzen wurden ebenfalls entzündet und in den Schnee gesteckt. Ein großes Rosenherz hatte ich bereits am Nachmittag zum Grab gebracht. Natürlich flossen die Tränen. Bei uns allen. Nach gut 30 Minuten fuhren wir alle zu Wiebkes Lieblingsgriechen. Wir blieben dort bis ca. 22:30 Uhr. Es wurden Erinnerungen über Wiebke ausgetauscht, Anekdoten erzählt. Mein Mann, unser Sohn und ich gingen in der Nacht nochmals zu Wiebkes Grab, das im roten Lichtermeer der Kerzen lag. Für meine Familie und mich war diese Gedenkgeburtstagsfeier genau richtig. Zu ihrem Todestag werde ich wieder dieselben Personen einladen.



Ohne Dich – Gedenktage an Eltern und Geschwister

Der erste Todestag meiner Mutter war ehrlich gesagt schlimm. Ich hatte wochenlang vorher Angst davor und es ging mir immer schlechter. Am Tag selber habe ich das "Gärtchen" schön hergerichtet, meiner Mutter gedacht und mich zurückgezogen, obwohl Freunde mich eingeladen hatten. Ich wäre auch keine gute Gesellschaft gewesen.


Danach machte ich die erleichternde Erfahrung, dass es wirklich besser wurde.

Dieser Jahreskreis war überstanden und obwohl plötzliche Trauerlöcher immer wieder auftauchen - ihr kennt das alle - wird es seitdem leichter. Dafür bin ich sehr dankbar.


An Gedenktagen treffe ich mich oft mit meiner Schwester am Grab, schmücke das Gärtchen, manchmal versenken wir ein Stück von Mamas Lieblingssüßigkeit in der Erde und dann gehen wir Kaffee trinken, oft dorthin wo wir alle gemeinsam waren.



Der Geburtstag meines Papas (November) und mein eigener (Dezember) im letzten Jahr waren ganz schlimm für mich.

An Papas Geburtstag konnte meine Schwester leider nicht vorbeikommen, da sie sich mit Corona angesteckt hatte und wir bezüglich der Mama kein Risiko eingehen wollten. Wir haben dann (mehr oder weniger) per Videocall gemeinsam gegessen und eine Kerze angezündet. Meinen eigenen Geburtstag hätte ich am liebsten übersprungen.


Den ersten Todestag (dieses Jahr) haben wir (Mama, Schwester, Schwager, Neffe und ich) gemeinsam verbracht. Wir haben gegessen und sind ans Grab gegangen. Meine Schwester hatte 2 schöne Skulpturen (eine Gitarre und einen Engel) mitgebracht, die wir dort platziert haben. Mein Onkel (Papas Bruder) ist mit seiner Frau und der jüngsten Tochter auch mit Blümchen vorbeigekommen, um Papa am Grab zu besuchen. Das war irgendwie seltsam für mich.




Zu den Sterbedaten meiner Eltern stelle ich einen Strauß Blumen auf das Grab.

Obwohl ich ihren ersten Todestag fürchtete, war es irgendwie ein "ganz normaler " Tag, der Alltag hat alles übertüncht, ich war ziemlich eingebunden, gestresst, hatte gar nicht richtig Zeit, an diesen Tag zurückzudenken - vielleicht war das auch ganz gut so.


In der Regionalzeitung hier ist eine Gedenkseite möglich, dort ist die Annonce hinterlegt, man kann ein Foto des Verstorbenen hochladen, einen persönlichen Hintergrund auswählen und virtuelle Kerzen mit kleinen Botschaften einsetzen - dort bin ich eigentlich täglich einmal und zu den besonderen Tagen zünde ich Gedenkkerzen an oder lade neue Fotos hoch.


Obwohl ich das Grab sehr schön gestaltet habe, bin ich leider nicht der begeisterte Friedhofsgänger geworden, der ich sein will/wollte. Ich bin froh, dass es einen Gieß-Service gibt und ich nur alle zwei/drei Wochen nach dem Rechten sehen muss.

Weshalb mir das so schwer fällt, kann ich schwer in Worte fassen, am ehesten ist es so, dass es irgendwie abstrakt und schwer für mich zu verstehen ist, dass da meine Eltern liegen.


Ich lese die Aufschrift auf dem Stein und erschrecke jedes Mal - eigentlich verrückt. Und nein, es ist ein idyllischer, gepflegter Dorffriedhof auf einem Berg gleich neben der Kirche mit Blick ins Tal auf Felder, Wald und Wiesen, es liegt definitiv nicht an der Umgebung.

Vielleicht ein Zeichen, dass mein Trauerprozess noch nicht abgeschlossen ist und ich immer noch "auf dem Weg" bin.



Am ersten Todestag dieses Jahr bin ich früher von der Arbeit heim gegangen, bin mit meinem Vater zum Friedhof und wir haben Blumen hingestellt. Danach haben wir noch Kaffee getrunken. Kein Wort über Katrin. Keine Kerzen angezündet, Luftballons steigen lassen. Nichts. Für meinen Vater ist es abgeschlossen. Er will nicht mehr trauern in seinem Leben. Fast kann ich ihn verstehen.

Meine Blumen hatte ich schon einen Tag vorher gekauft und auf das Grab gestellt. Für mich war dieser Tag vorher noch schlimmer. Ich habe in Gedanken alles durchgespielt. Der letzte Tag an dem ich sie besucht habe. Wir wussten, dass es keine Hoffnung gab, aber nicht, dass es so schnell gehen würde. Am letzten Tag habe ich nie damit gerechnet, sie nie wieder sehen zu können. Ein Jahr später war es so nah und hat mich verzweifeln lassen. Am Todestag war für mich alles schon vorbei.

Ich schaffe es nicht, mir etwas Schönes einfallen zu lassen. Es kostet mich alle Kraft, diese Tage überhaupt zu überstehen.

Ihren Geburtstag letztes Jahr im August haben wir ähnlich verbracht. In drei Wochen wäre Katrin 50 geworden. Ich habe schon vor zwei Jahren gedacht, dass ich da etwas ganz Besonderes machen möchte. Sie hatte schon etwas Angst vor dieser "Hürde". Aber ich habe gesagt, dass es doch gut ist, wenn man alt wird. Nie habe ich gedacht, dass sie diesen Tag nicht erleben wird. Ich möchte so gerne etwas Besonderes an diesem Tag für sie machen. Aber ich weiß nicht was. Ich werde es alleine machen müssen, weil niemand mehr trauern möchte.



Bei mir gibt es immer 5 wichtige Tage in Zusammenhang mit dem Tod meiner geliebten Angehörigen, zwei Tage für meinen Vater

* der Tag, an dem mein Vater verstarb.

Dieser Tag wird sich am 12. Oktober dieses Jahrs zum ersten Mal wiederholen und auch da werde ich eine Gedenktafel zu Vaters Tod anfertigen und zum Friedhof bringen.

* der Tag, an dem Vater beerdigt wurde

Auch dieser Tag wiederholt sich am 04. November dieses Jahrs zum ersten Mal und ich werde auch ein Urnenbild meines Vaters zum Friedhof bringen.

Ansonsten verbringe ich viel Zeit mit dem Betrachten der Fotos von Dorit und meinem Vater und bin in Gedanken immer bei ihnen.


Magnolie



Also ich muss sagen, dass die Tage vor dem Todestag immer schlimmer sind als der eigentliche Tag selbst. Im ersten Jahr war das bei mir besonders Kräfte zehrend, da war ich von Selbstzweifeln und Schuldgefühlen noch geradezu zerfressen. Es war damals überaus hilfreich, die Krankheits- und Sterbephase hier im Forum noch mal genau aufzuschreiben. In den Folgejahren wurde es dann schon erträglicher, da habe ich mich absichtlich nicht mehr mit jedem Ereignis oder speziellen Tagen aus der Krankheitsphase auseinandergesetzt. Was hätte mir das auch gebracht? Pure Selbstquälerei, finde ich heute. Da der nächste Todestag kurz bevorsteht, kann ich sagen, dass ich ein paar Wochen davor immer ein wenig angespannter bin als sonst. Aber das sind meistens nur Momentaufnahmen. Im Großen und Ganzen habe ich mich mit der Situation abgefunden, auch wenn das Vermissen und die Wehmut natürlich immer noch da sind. Trotzdem versuche ich mittlerweile (und das auch mit gutem Erfolg), den Blick nach vorn zu richten und nicht nach hinten. "Lass das Gestern nicht so viel vom Heute aufbrauchen." Da ist durchaus was dran.

An den Gedenktagen habe ich ein gewisses Standardprogramm. Ich habe dann immer Urlaub, fahre in die Heimat, lege ein Gesteck aufs Grab, treffe mich mit Familienangehörigen und Freunden, das hat sich irgendwie so etabliert die letzten Jahre.




Nun, ich möchte hier gerne von meinen bisherigen Erfahrungen mit den Jahrestagen berichten. Bald jährt sich der Todestag meiner Mutter zum zweiten Mal. Einerseits ist da das Gefühl, als wäre es erst gestern gewesen, dass ich ihr das letzte Mal in die Augen blicken durfte, andererseits aber fühlt es sich an, als wäre es eine halbe Ewigkeit. Eine halbe Ewigkeit ohne sie. Was bleibt, sind die Erinnerungen an sie. Erinnerungen, die jeden Tag präsent sind, die aber doch noch greifbarer und seltsamerweise schmerzhafter sind, an diesen speziellen Jahrestagen.


Der erste "Jahrestag" ohne meine Mutter war der Muttertag und das tat schon weh. Während viele erzählten, was sie am Muttertag machen (Mit den Müttern Kaffee trinken, mit Kindern spazieren gehen etc.), war ich traurig und genervt. Ich überlegte, eine Rose zu kaufen und sie hier bei mir aufzustellen. Damals war sie noch nicht beigesetzt, so dass ich auch keine Möglichkeit gehabt hätte, in den Friedwald zu fahren, um ihr nahe zu sein. Ich war dann auch froh, als der Muttertag vorbei war und der normale Alltag weitergehen konnte.


Ihren ersten Himmelsgeburtstag fand ich persönlich auch nicht schön. Meine Gedanken waren die ganze Zeit bei ihr. Um ehrlich zu sein, schon vor Mitternacht holten mich die Erinnerungen ein, eine Trauerwelle überschwappte mich und ich fand "Trost" in einer Flasche Rotwein. Nur unter Tränen schlief ich in der Nacht ein. Meine Gedanken und Gefühle habe ich niedergeschrieben.


Ihr Geburtstag bedeutet mir nach wie vor sehr viel und das wird er auch weiterhin. Bereits zu Anfang des Jahres habe ich den Kalender gewälzt und studiert, auf welche Tage der Geburtstag und der Sterbetag fallen. Denn eines möchte ich an diesen Tagen nicht: arbeiten. Das kann und möchte ich nicht. Es wäre zwar Ablenkung, aber ich weiß, dass ich mich nicht ausreichend konzentrieren könnte und auch nicht dafür garantieren kann, dass mich die Gefühle nicht einholen. Deswegen habe ich für die Zeit um ihren Geburtstag Urlaub beantragt. Ihr Sterbetag fällt in diesem Jahr auf ein Wochenende, so dass ich diesbezüglich meine natürliche Arbeitsauszeit haben werde. Das beruhigt mich. So kann ich den Tag in Ruhe durchleben und erleben und brauche mich nicht für etwaige hochkommende Gefühle schämen.


Sofern es die Wetterverhältnisse zulassen, werde ich an diesen Tagen auch wieder in den Friedwald gehen, dort ein wenig an unserem Baum sitzen, in Gedanken mit ihr reden und dann spazieren gehen. Dort fühle ich mich ihr einerseits nahe, ohne diese bedrückende Nähe zu ihr zu haben, die es hier im Haus oft noch gibt. Da können die Gedanken fließen, ich atme die frische Waldluft, höre den Vögeln zu und genieße das Rascheln in den Baumwipfeln.

Abends daheim zünde ich die Kerzen an und mache sonst nichts. Die Ruhe tut mir gut und ich kann dann etwas abschalten.


Ich kann es nicht einmal erklären, was es mit den Jahrestagen so auf sich hat. Es sind trotz allem besondere Tage, an denen der Verlust besonders deutlich ist. Es sind diese unerklärlichen Ängste, die einen doch ein Stück weit von innen heraus lähmen. Auch wenn an sich keine begründete Angst besteht, dass etwas grundlegend anders sein könnte an diesen Tagen, so bin ich mir sicher, dass diese Tage künftig einfach einen anderen Stellenwert haben werden, als dies früher war. Meine Hoffnung ist nur, dass ich es schaffe, die positiven Erinnerungen mehr aufleben zu lassen, als die Erinnerungen an den schmerzlichen Verlust. Zu sagen, dass ich dankbar bin, mir die Zeit an diesen Tagen nehmen zu können und zu versuchen, den traurigen Jahrestagen etwas positives abzugewinnen.



:sternschnuppe:


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