Hallo Ihr,
ich habe eine wirre Geschichte für Euch, aber ich muss die mal in Worte bringen!
Mit 19 Jahren habe ich in einem auch sonst sehr schönen Urlaub am letzten Tag einen sehr charismatischen Mann kennen gelernt. Im Dezember dieses Jahres starb völlig unerwartet mein Vater an einem Schlaganfall, 4 Wochen später meine Mutter, sie allerdings nicht unerwartet, da sie seit Jahren exzessive Alkoholikerin war. Trotz dieses Chaos habe ich mein Abitur bestanden und eigentlich allen Leuten vorgespielt, die Situation "im Griff zu haben".
Im Sommer dann fuhr ich wieder an den gleichen Ort in Urlaub. Zufällig (oder auch nicht) traf ich den Bekannten aus dem Vorjahr wieder, ich nenne ihn jetzt Peter. Wie es die Romantik am Strand so will, wurde aus der Bekanntschaft wesentlich mehr, wenn uns beiden aber auch immer bewußt war, dass er vom Alter her mein Vater hätte sein können. Mir tat es jedenfalls gut, ich glaube heute, vor allem deswegen, da die Beziehung ziemlich klar definiert schien.
Zu Weihnachten besuchte ich ihn wieder.
Dann kam ich hier in Deutschland mit einem neuen Freund zusammen, von der Beziehung glaubte ich lange, sie wäre meine große Liebe. Nach 4 Jahren stellte sich jedoch heraus, dass dies ein Trugschluß war. Unsere Sommerurlaube verbrachten wir auf mein Betreiben zum Teil auch an Peters Wohnort, er zeigte uns seine "Heimat" und es war eine schöne Zeit. Manchesmal besuchte ich Peter auch ohne meinen Freund, und zu meiner Schande muss ich sagen, mein schlechtes Gewissen gegenüber meinem Freund hielt sich in Grenzen (das einzige Mal, dass ich fremdgegangen bin). Insgesamt betrug die gemeinsame Zeit mit Peter jedoch bis Anfang der 90er Jahre wenige Wochen im Jahr und viele Telefonate in der übrigen Zeit, wenn ich keinen Urlaub hatte.
Im Herbst 1991 verbachte ich eine weitere Woche Urlaub an Peters Wohnort, wohnte jedoch nicht bei ihm. Hintergrund war, dass mein Verständnis meiner Sympathie und mein Empfinden ihm gegenüber sehr verschoben hatte. Ich sah ihn nach nun 5 Jahren mehr als väterlichen Freund an. Und das schloss manch andere Sachen nun aus...was ihm mit seinem Selbstverständniss und Stolz überhaupt nicht passte, er aber nach einigen Diskussionen akzeptierte und respektierte.
Im Frühjahr wollte sich mein deutscher Freund aufgrund seiner Arbeitskollegin von mir trennen, zu mal er meinte, ich würde ihn einengen. Ich flüchtete an meinen Zufluchtsort und versuchte, mein Leben überdenken, was nicht so recht klappte. Um es hier kurz zu machen, ich suchte mir eine Arbeit an meinem Urlaubszufluchtsort und verschwand für 6 Monate aus D..
Peter war immer da für mich, respektierte aber auch meine Entscheidung zur Beendigung der tieferen Beziehung. In D. blieb alles beim Alten, mein Freund konnte/wollte keine Entscheidung treffen. Mein Versuch, ihn eifersüchtig zu machen, scheiterte jedoch auch. Allerdings brachten mir die 6 Monate den nötigen Abstand, um nach meiner Rückkehr nach D. in eine andere Stadt umzuziehen.
In den jährlichen Sommerurlauben besuchte ich Peter regelmässig ein paar Mal (auch wenn er halbherzige Flirts nicht lassen konnte...).
Dann hatte ich 3 Jahre wegen Arbeitslosigkeit und einer Umschulung kein Geld, um in Urlaub zu fahren.
Dann lernte ich meinen Mann kennen und wußte innerhalb kurzer Zeit, dass er genau "der Richtige" ist. Nach einem Jahr haben wir geheiratet und zur Hochzeitsreise musste ich meinem Mann natürlich meine "2. Heimat" zeigen. Daber stelllte ich ihn auch Peter vor, allerdings nahmen wir uns in diesem Aufenthalt viele Besichtigungen vor und so traffen wir Peter, der damals viel Arbeit hatte, kein 2. Mal.
Im Jahr danach verbrachte ich den Urlaub aufgrund einer Verletzung an Krücken und mehr als Strand war nicht drin.
in den jahren danach kamen meine Kinder zur Welt und wir waren in abendliche urlaubsaktivitäten recht eingeschränkt.
Das letzte Mal sah ich Peter im September 2006. Aus heutiger Sicht, sah man ihm das Alter nun an, und er scherzte, dass er nun ein alter Mann sei... allerdings erzählte er mir auch, er habe nun eine Partnerin, mit der er "locker" zusammen leben würde. Mich freute dies wirklich, denn ich wollte ihn glücklich sehen!
Im Jahr darauf traf ich ihn bei mehren Besuchen nicht an, hinterlies nur eine Nachricht. Bis zum Ende des Urlaubes meldete er sich jedoch nicht. Da mein Arbeitgeber in D. mir kurz vor dem urlaub erklärt hatte, er würde mich nach Ende meiner Elternzeit kündigen oder rausekeln, da er weder Mütter noch Teilzeitkräfte beschäftigen wollte, war ich in diesem Urlaub (2007) jedoch auch mit den Gedanken reichlich woanders, leider! Hier könnte ich mich heute 1000mal in meinen Allerwertesten treten, dass ich nicht mehr versucht habe ihn zu sehen. Denn im Herbst 2008 fand ich auf seiner Farm alles verändert vor. Der Nachbar erzählte mir dann, dass Peter im Januar an Lungenkrebs gestorben war. Es war ein Schock, ich lief die restliche Urlaubszeit (nur wenige Tage) rum wie in Trance. Im Inneren herrschte völliges Durcheinander! Und viele Fragen, nach den Umständen, dem Warum, dem Wie, dem Wann...
Über den ganzen letzen Winter wälzte ich diese Fragen und vor allem die Frage, warum mir der Gedanke an seinen Tod so zusetzt. Ich musste und muss auch jetzt immer noch beim Gedanken an ihn einen Knoten in meinem Hals lösen. Und das, obwohl er für mich doch nur noch ein väterlicher Freund war? Bin ich denn völlig bescheuert? Denn ich liebe meinen Mann und bis auf meine Faulheit in 2007 (ihn zu sehen), bereue ich auch keine meiner ihn betreffenden Entscheidungen. Wie bekloppt muss man sein, um so zu empfinden? Bei meinem eigenen Vater ging es mir doch nicht so? Da war ich keine solche Heulsuse, warum jetzt? Aber irgendwie fühle ich mich alleingelassen und denke gleichzeitig die klassischen Wörte: "Hätte ich doch nur...!".
Mittlerweile konnte ich an seinem Grab stehen, merkwürdig, dass ich bei meinen Eltern nicht das Bedürfnis habe, an deren Grab zu gehen. So was ist doch nicht normal, oder? Denn auch wenn unsere Beziehung zwar intensiv war, war sie in Tagen gezählt doch recht kurz, auch wenn alles über nun 23 Jahre verteilt ist. Peter war nunmal mehr als die Hälfte meines Lebens ein Anteil davon.
Nicht falsch verstehen, ich liebe meinen Mann und das ist auch gut so, aber er hat natürlich ob meiner Tränen auch irgendwo ein Fragezeichen stehen.
Hat jemand einen Tipp wie ich Ordnung und Kontrolle in mein Gefühlschaos bringe?
Danke Euch im Voraus
Asteria