Hallo an alle hier!
Ich hoffe es geht euch einigermaßen gut.
Ich fange mal an: Letztes Jahr im August ist meine ältere Schwester nach 2 jähriger Krankheit gestorben. 4 Wochen vor ihrem Tod bekam ich meine kleine Tochter.
Da meine Schwester mit ihrer Familie im Ausland lebte hatten wir ( meine Eltern, andere Schwester und ich) sie nicht dauernd im Blick. Als 3 Tage vor dem errechneten Geburtstermin meiner Tochter die Nachricht kam, dass die Ärzte nicht wüssten, ob meine Schwester noch 2 oder 20 Tage leben würde, hat uns das umgehauen. Ich hatte zwar damit gerechnet, dass sie nicht mehr "lange" leben würde, doch für mich war immer klar, dass sie meine Tochter noch kennenlernen würde.
Meine Eltern und andere Schwester sind direkt zu ihr geflogen. Ich saß hier fest. Wo sollte ich auch 3 Tage vor dem Termin hin? Ich hatte solche Angst sie nicht mehr lebend zu sehen! Am errechneten Geburtstermin erzählte ich meinem Arzt von der familiären Situation und bat um eine Einleitung. Ich wollte zumindest meine Chancen erhöhen sie zu Grabe zu tragen. Zum Glück willigte mein Arzt und der Kreißsaal ein und meine Tochter war kooperativ und kam sehr schnell. Ich entließ mich früher aus dem Krankenhaus und flog eine Woche nach der Entbindung zu meiner Schwester. Meine Tochter war bei meinem Mann/ ihrem Papa. Als ich bei meiner Schwester ankam lag sie nur in Embryonalstellung in ihrem Bett und starrte an die Wand. Leider konnten wir uns nicht mehr viel unterhalten, aber egal sie lebte noch. Ich dürfte sie noch einmal sehen und drücken.Da meine Schwester nicht mehr ansprechbar war kümmerte ich mich mehr um ihre Kinder, die leider noch sehr klein waren/sind. Nach 3 Tagen flog ich wieder zurück. Dieser Flug waren die schlimmsten 2 Stunden meines Lebens! Einerseits wusste ich, dass ich meine Schwester nie wiede sehen würde, doch andererseits freute ich mich so sehr auf meine Tochter. Ich weinte und lachte gleichzeitig.
Die nächsten 2 Wochen waren sehr heftig. Jeden morgen wachte ich auf und schaute zuerst auf mein Handy, ob meine Schwester online war. Dann kam eines Nachts der Anruf meines Schwagers, dass sie gestorben sei. Meine andere Schwester und ich setzen uns gleich in den nächsten Flieger. Wieder hatte ich meine Tochter für ein paar Tage verlassen. In den ersten 4 Wochen ihres Lebens habe ich sie zweimal verlassen.
Die Beerdigung war schön. Es ist zwar komisch zu sagen, aber doch die Beerdigung war irgendwie schön.
Die ganze Situation war ziemlich heftig. Einerseits die Trauer um meine Schwestee, andererseits die Freude über meine Tochter. Ich habe irgendwie das Gefühl nie getrauert zu haben. Ich musste und muss für meine Kleine da sein, sie war doch zu 100% von mir abhängig. Ich bin ihre Mama und muss funktionieren. Da ich nicht vor meiner Tochter weinen wollte blieb wenig Zeit dafür. Manchmal habe ich das Gefühl zu platzen. Diese beiden extremen Empfindungen sind einfach zu stark und zu unterschiedlich. Wie soll man das verarbeiten?
Ich kriege mein Leben ganz gut hin. Wir sind eine kleine glückliche Familie, ich arbeite wieder und fühle mich gut dabei. Doch trotzdem ist da meine Trauer, die Raum braucht, aber da ist keine Zeit. Oft bin ich einfach glücklich, wenn ich zb meine Tochter morgens aus dem Bett hole oder sie mich anlächelt, doch dann fällt es mir wieder ein und alles zerbricht.
Wie kann ich so glücklich sein, wenn meine Schwester doch nicht mehr da ist?
Es zerreißt mich einfach und ich weis nicht wie ich wieder eins werden soll. Meine Schwester war wie eine zweite Mutter für mich. Sie ging mit mir auf den Spielplatz, sie zeigte mir wir man sich schminkt, die Haare macht usw. Sie war immer für mich da und dann als sie mich bräuchte konnte ich ihr nicht ständig beistehen. Und sie kann mir nicht mehr helfen. Gerade dann, als ich ihren Rat und ihre Erfahrung wirklich brauchen konnte, ging sie fort und verließ mich. So fühle ich mich oft, verlassen, obwohl ich weis, dass es schwachsinnig ist sich so zu fühlen. Ich könnte ihre Worte einfach gerade gut gebrauchen. Sie fehlt mir sehr! Es ist einfach nicht zu erklären wie sehr einem ein Mensch fehlen kann.
Danke fürs lesen!
LG Sonja