Gedenkkerze für meine Omi *21.10.1922 - †24.04.2004 (Angie)

  • [FONT='Comic Sans MS']Heut ists wieder sehr schlimm, liebe Omi.... ich vermiß Dich so, ich vermiß Opi und ich vermiß mein Zuhause...
    Wie schön war dieses Gefühl immer, "weit in die Welt hinaus gegangen zu sein", und wenn es irgendwann reicht, nach Hause zu kommen...
    Ich durfte immer vor der Tür stehn, brauchte mich nie ankündigen, "Wennst kommst bist da" hast Du immer gesagt Omi. Nicht mal mein Vater durfte unangekündigt erscheinen, nur ich, Euer Kinderl...
    Wie oft hab ich mich darüber "aufgeregt", daß ich immer das "Kinderl" war, ich war schon 30, da war ich immer noch das Kinderl, das hab ich lang nicht verstanden.
    Ich vermiß Euch so....
    Dieses Gefühl, an der Tür zu stehen, zu klingeln und gleich geht die Tür auf, ich bin gleich zu Hause... kann alles hinter mir lassen, Tür zu, die Welt bleibt draußen, aller Ballast, alle Sorgen, es war immer, als stellte ich sie vor der Tür ab und machte den Schritt ins Paradies....
    Hier durfte ich sein, wer ich bin, ich mußte mich nie verstellen, mußte keine Rolle spielen, nicht die starke sein, ich war einfach zu Hause...
    Zu Hause...
    Am schönsten ist es doch daheim...
    Frischer duftender Kaffee zog durch die ganze Wohnung, Omi hatte immer einen selbstgemachten Kuchen da, Käsekuchen, mit Vanilleeis... Und eins meiner Zuhause-Rituale war immer Vanilleeis mit Waldhonig...
    Und so saßen wir zusammen, hatten immer so viel zu lachen, so viel zu erzählen, ich war daheim, zu Hause, geborgen, ein Kissen aus tiefster Liebe...
    Omi hat mir immer ihre Pflanzen gezeigt, ihren ganzen Stolz, ich dackelte immer brav mit, ließ mir alles zeigen, obwohl es mich nicht sooo interessierte, ich hatte eben damals noch keinen grünen Daumen, Omi...
    Dabei bin ich heute dankbar, daß ich seit Deinem Tod Deine Lieblingspflanzen am Leben erhalten konnte, die Pflanzen wachsen, sieh leben, ein Teil von Euch bleibt....
    Gerade mach ich mir frischen Kaffee, wie hab ich doch Deinen Kaffee geliebt, Omi...
    Frisch gemahlene Bohnen, immer wenn ich die Kaffeemühle hörte wußte ich, jetzt gibts lecker Kaffee, so wie nur Du ihn machen konntest...
    Der Duft zog immer durch die ganze Wohnung, und immer das Gefühl: Daheim, daheim, daheim....


    Wenn ich die Augen schließ, dann seh ich mich mit Omi und Opi am Tisch sitzen, der Kaffee aus dem guten Geschirr, die silbernen Kaffeelöffel, die silbernen Kuchengabeln... es war immer etwas besonderes, bei Euch zu sein, und das doppelte Glück, nicht wie "eben die Enkelin" zu Besuch zu sein, sondern heimzukommen.


    Oh, ich vermisse es so....


    Wie oft habt ihr mir den "Kopf gewaschen", wenn ich wieder dachte, sowas von im Recht zu sein, sei es im Job, in Freundschaften, allgemein oder ganz speziell... Wenn ich traurig war, dann war Omi nicht mehr bayrisch grummlig spröde, sondern so liebevoll, hast mich getröstet, ich hör Deine Stimme, Omi...
    Und es gab auch mal ein "jetz reiß Dich halt mal wieder zusammen, mußt schon auch mal bisserl nachgeben, Sturkopf"...


    Ihr beide habt mein Herz gekannt, ich war immer ein offenes Buch für Euch, ich mußte nie etwas verheimlichen, vielleicht manchmal etwas nicht gleich sagen, vor allem die Dinge, die noch nicht spruchreif waren, weil ich es nie wollte, daß ich Euch sorgt...
    Wie oft war es, daß ich wieder mal ohne Job dastand, aber doch immer der Ansporn, ich finde schnell etwas neues, dann kann ich es auch erzählen.
    Ihr wart immer in Sorge um mich... Ihr wolltet nur das beste, das war das wichtigste in Eurem Leben, daß es mir gut geht...
    Wenn ich Euch erzählte, daß ich die Arbeit verloren habe, dann seid ihr beide immer aus allen Wolken gefallen, aber das war ja dann immer die schlechte Nachricht, denn die gute hatte ich immer gleich parat: Keine Sorge, ich hab schon wieder neue Arbeit, und alles war gut...


    Alles war gut...


    Vieles gelang mir, weil ich Euch als Stärke in meinem Leben hatte. Wenn ich vor kritischen Situationen stand, wichtige Entscheidungen treffen mußte und mir nicht sicher war, dann fragte ich Euch um Rat, oder ich entschied so, daß nicht nur ich, sondern jeder damit leben konnte.
    Ihr wart wie eine Wetterstation, mir war immer wichtig, was ihr zu sagen hattet, wenn mir Dinge unklar waren.


    Seit über 5 Jahren lebst Du nicht mehr, geliebte Omi... und Du fehlst mir so unglaublich, nach wie vor, ich ertappe mich manchmal bei Gedankenfetzen, die nicht länger als 1 Tausendstel einer Sekunde sind, ich sollte mal wieder anrufen.. ach nein....


    Als ich damals nach der Todesnachricht ankam, zitternd, da sah ich Deinen Sohn, wie er zielstrebig alles durchsuchte, und auch fand... Ich sah Dich, lieber Opi, wie Du fassungslos in Deinem Rollstuhl saßt, Dein Blick trauernd in der Ferne, alles war so unwirklich... Mein Gott, Dich so verlassen zu sehen, meine Machtlosigkeit, das tat so unendlich weh...


    Als ich ins Schlafzimmer ging und Omi leblos im Bett liegen sah, brach alles in mir zusammen... Wach wieder auf, Omi, bitte wach auf, das ist doch alles nur ein Scherz, wach wieder auf, bitte bitte bitte....
    Ich hab Dich gestreichelt, Deine Haut so kalt, kein Leben mehr, keine Wärme mehr... eine leblose Hülle, und doch.... es schien, als würdest Du einfach nur schlafen... mich mit dem Gedanken anfreunden zu müssen, daß Dich die Bestatter bald abholen würden, Dich mitnehmen, fiel mir unendlich schwer, das liebste für mich auf Erden ist nicht mehr, sie nehmen Dich mit fort...


    Meine ganze Aufmerksamkeit galt meinem Großvater, ich war innerlich so erstarrt, und doch wußte ich zum ersten Mal in meinem Leben, daß es jetzt auf mich ankam... und Du wußtest es auch... Mein Herz war bei Dir, Opi, von dem Tag an, und wich nicht mehr von Deiner Seite...


    Ich weiß nicht mehr, wie ich alles bewerkstelligte, Dein Sohn organisierte die Trauerfeier, meine Schwestern und ich waren bei Dir, und ich spürte sehr schnell, daß Du ihnen mehr lästig warst, auch wenn sie sich noch so bemühten... Wie oft sah ich, daß sie nicht auf Deine Wünsche eingingen, sie machten einfach irgendwas und ich sah und spürte, wie sehr Du Dich geärgert hast, auch wenn es nur Kleinigkeiten waren.
    Sie wollten nicht begreifen, daß ich Deine Bezugsperson war, daß Du mir vertrautest, ich war doch wie Dein eigenes Kind... hast mein Leben lang auf mich aufgepaßt, unser enges Band wurde beneidet, statt einfach nur verstanden...


    Zusammenhalt habt ihr mich gelehrt, die Familie hält zusammen, so lang Omi lebte, schien der Zusammenhalt da zu sein, er entpuppte sich als einzige Lüge...


    Wie oft sah ich Deine Verzweiflung, Du warst immer ein Mensch, der Harmonie um sich brauchte, Frieden, Einklang, und so auch ich...


    Ich habe bestimmt sehr viele Fehler gemacht, obwohl ich nur wollte, daß sie begreifen, daß es im Miteinander geht, aber nicht im Gegeneinander. Du hast gespürt, man wollte uns gegeneinander ausspielen, jeder war so auf seinen Vorteil bedacht, daß wir uns oft darüber unterhielten und kopfschüttelnd dasaßen. Wir wollten zusammenhalten, niemand sollte einen Keil zwischen uns treiben, wir hatten uns doch lieb und ich verstand, daß Opi die Vertrautheit beibehalten wollte, die er mit Omi fast 60 Jahre hatte.


    Fast 60 Jahre wart ihr beide zusammen, verheiratet, habt jede Hürde gemeistert, immer zusammengehalten, auch wenn ich im Nachhinein feststellen mußte, daß vieles im Argen lag... Aus Liebe zu mir habt ihr so vieles vor mir nie ausgesprochen... Bis Opi irgendwann weinend vor mir saß und mir davn erzählte... Leider nahmst Du Deinen Irrtum mit in die Ewigkeit, liebe Omi... Und ich wünsche mir von ganzem Herzen, daß ihr beide wieder in Liebe vereint seid, daß Du jetzt weißt, daß Opi nie etwas getan hat, was Dich entehrt hätte. Er hat Dich geliebt, wie man nur lieben kann, so tief, so innig, so rein...


    Das schlimmste für mich ist die Erkenntnis, daß Du nicht mehr leben wolltest, geliebte Omi... du hast keinen Kummer so lange Zeit mit Dir rumgetragen, nie darüber geredet, hast funktioniert, und Dich in diese schlimmen Gedanken fallen lassen, von denen Du nie wieder abgelassen hast...
    Und ich habe es nicht gemerkt... ich habe nicht gesehen, daß Du schon lange jenseits Deiner Kraft warst... Eines unserer letzten Gespräche war im Schlafzimmer, als Du mir die Deckenlampe zeigtest, daß Du Hilfe brauchst, weil Du sie allein nicht putzen kannst... Gerne, hab ich gesagt, und ich sah Deine Hände, kraftlos, als würden sie nicht Dir gehören...


    Ich mache mir solche Vorwürfe, auf so vieles nicht reagiert zu haben... so vieles war so offensichtlich... sagtest immer "nein, brauchst nichts machen, brauchst nicht helfen, ich schaff das schon" und meintest doch das Gegenteil...


    Es gibt kein Zuhause mehr, nie mehr.
    Ich irre wie ein Vagabund durch mein Leben und finde mein Zuhause nicht...
    Ihr fehlt mir so unendlich...
    Die Ordnung ist zerstört und manchmal ist mir, als würde ich in dieser Ziellosigkeit zerbrechen...
    Nichts gibt mehr Sinn ohne Euch beide... es ist niemand mehr da, vielmehr: ich spüre es nicht, wem könnte ich wichtig sein?
    Das Leben ist ein Kommen und Gehen, und man sagt: Blut ist dicker als Wasser... Und nicht mal mein Blut kann ich spüren, obwohl es sich schon um mich bemüht... meine Schwester würde sich freuen, wenn ich sie anrufen würde... Doch es ist so viel Enttäuschung in mir, sie hat mich damals verhöhnt, als ich um Euch weinte...


    Ich möchte mein Zuhause in mir finden, und sehe doch nur ein schwarzes Loch.... unendliches Schwarz und wünsche mir, das Licht zu sehen, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, ein Ziel, einen Weg, einen Sinn...


    Stark zu sein, wie eine Löwin, so wie es damals an Deiner Trauerfeier, liebster Opi, die Rednerin sagte, "sie kämpfte um ihren Großvater wie eine Löwin um ihr Junges"...


    Bitte verzeiht mir, liebe Omi, lieber Opi, daß ich Euch solchen Kummer mache, weil ich immer noch so unendlich traurig bin, weil ich immer noch nicht vorwärts komme und mir so oft wünsche, einfach bei Euch sein zu können, und alles wäre wieder gut... wir wären zusammen und ich wäre wieder glücklich....
    Ich werd nicht aufgeben, ich versprechs Euch, auch wenn es Tage wie diesen gibt, so voller Verzweiflung, dieses Nicht-wissen-wohin und Einsamkeit, diese Tage vergehen auch wieder, ich hab Euch doch nur so unendlich lieb, ihr fehlt mir so...


    :k118:

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