Muss man Umarmungen an der Trauerfeier erwidern

  • Hallo,

    mit diesem Forumeintrag wünsche ich mir Rat und Meinungen zum Thema.

    Vor wenigen Jahren habe ich leider meine geliebte Mutter nach längerer Krankheit beerdingen müssen. Nachdem ich dies noch überhaupt nicht verkraftet habe, starb nun ganz plötzlich mein ebenso geliebter Vater.

    Zum einen weiß ich gar nicht wie ich das verkraften kann und soll, zum anderen hänge ich zwischen der Bürokratie und jetzt machen mir noch meine Schwiegereltern Vorwürfe.

    Man muss sagen das Verhältnis zu ihnen war noch nie besonders gut, sie machten mir Vorwürfe, ich würde sie zu selten besuchen und würde unser Kind falsch erziehen...

    Von meinem Vater hielten sie auch nicht besonders viel, weil sie nicht verstanden was er zum einen in seinem Leben schon durch machen müsste (er hatte im Gegensatz zu ihnen zb kein Haus geerbt...) und er hatte seine Ideale wie er anderen Menschen und der Umwelt helfen wollte.

    Nun war die Trauerfeier meines Vaters.

    Wir haben uns viel Mühe gegeben diese zu gestalten und es kamen sehr sehr viele Leute. Es wurden einige Reden gesprochen und alles war sehr berührend.

    Am Ende der Trauerfeier kamen einige bei uns an der ersten Bankreihe vorbei. Viele nickten nur mit traurigem Blick zu, manche kamen her und umarmten mich und meine Geschwister.

    Teils konnte ich die Umarmungen erwidern und stand auf. Bei vielen aber nicht, weil es mir alles zuviel war.

    Dann kamen eben meine Schwiegereltern in Tränen an, sabberten meine Wange voll und säuselten, dass es ihnen so leid tue mit meinem Vater. Ich aber konnte nur sitzen bleiben, wollte meine Ruhe und mir kam das einerseits Scheinheilig und anderseits vor als hätten sie halt ein schlechtes Gewissen - das ich aber fand in dieser Situation nicht mein Problem sein sollte.

    Anschließend verschwand mein Mann mit ihnen, redete ganz lange und war dann den Rest über den Tag der Trauerfeier und beim Essen mit den Geschwistern und der Mutter meines Vaters, stink sauer auf mich.

    Er wollte dass ich mich entschuldige - was ich aber partout nicht einsehen, weil ich finde, dass ich mich an so einem Tag benehmen darf wie ich möchte und ich es eher sehr unangebracht von denen fand, sich danach so über mich aufzuregen und meinen Mann gegen mich aufzuhetzen.

    Wie seht ihr das?

    Wie kann ich damit umgehen?

    Ich habe eigentlich gar keine Lust momentan die überhaupt noch zu sehen, da sie selbst an dem Tag an dem es Mal komplett um meinen Vater hätte gehen sollen, sich wieder auf irgendeine Weise dazwischen drängten und mir das alles irgendwie versaut haben.

    Von meinem Mann bin ich natürlich auch sehr enttäuscht, da er mich einfach vorne alleine stehen ließ, in einer Situation wo ich mir eigentlich seine Unterstützung schon gewünscht hätte.

    Entschuldige, dass es jetzt so ein langer Text wurde...

    Ich danke euch vorab über eure Antworten!

  • Liebe Lila,


    dass Du Deine Eltern verloren hast, tut mir sehr leid. Vielleicht magst Du Dich ja hier registrieren - Du kannst dann viel mehr lesen; was Dir vielleicht gut tut. Nicht selten ist es auch so, dass man als registriertes Mitglied mehr Antworten erhält.


    Was Deine Schwiegereltern betrifft, kann ich gut nachvollziehen, wie es Dir damit geht. Die Übergriffigkeit meiner Schwiegereltern, bzw. der (Nicht)umgang meines Exmannes damit, hat nicht unwesentlich dazu beitragen, dass er genau das ist - mein Exmann.

    Ich hatte auch so meine Erlebnisse mit den Ex-Schwiegereltern, das Grab meiner Tochter betreffend. Da habe ich meine ganze Kraft zusammensuchen müssen, um auf den Tisch zu hauen. Da brauchte ich aber auf ihn keine Rücksicht nehmen; wir sind schon lange geschieden.

    Bei mir war es hauptsächlich die Schwiegermutter. Seit sie vor zwei Jahren gestorben ist, habe ich zu meinem Ex-Schwiegervater wieder einen losen ganz guten Kontakt. Mein Sohn ist öfter dort, weil sein Vater da im Haus wohnt.


    Du musst gar nichts. Am wenigsten jemanden umarmen, oder Dich umarmen lassen, wenn Dir nicht danach ist und schon gar nicht auf der Trauerfeier Deines Papas.


    Ich kann Dir nur wünschen, dass Dein Mann und Du es schafft, ein wirkliches Gespräch darüber zu führen, in dem jeder seine Gefühle ganz offen auf den Tisch packt, möglichst ohne Vorwurf an den anderen, auch wenn das schwierig ist.

    Wenn Ihr da zusammensteht, ist vielleicht sogar mal ein Gespräch mit den Schwiegereltern möglich.


    Herzliche Grüße

    Corinna

  • Liebe Lila,

    zuerst mein aufrichtiges Gefühl zur Verlust deiner Eltern.


    Nein, DU muss dich nicht umarmen lassen oder es erwidern. Du muss gar nichts in so einem Moment, vor allem nicht so funktionieren, wie es andere gerne hätten.


    Ich persönlich hatte schon in der Traueranzeige drin, dass ich keine Beileidsbekundungen am Grabe wünsche.


    Es war ein persönlicher Abschied von deinen Vater und da haben die anderen Rücksicht auf Dich und deine Geschwister zu nehmen und nicht umgekehrt. Drüber sollten sich die anderen Gedanken machen, aber nicht Du.


    Ich würde an deiner Stelle irgendwann das Gespräch mit deinen Mann suchen, denn er sollte hinter Dir und deiner Entscheidung stehen. Ich würde ihm auch erklären, dass es der Tag des Abschieds deines Vaters war und wie er sich fühlen würde, wenn es umgekehrt wäre und Du ihm vorschreiben würdest, wie er zu funktionieren hat? Traurig, dass die Menschen so wenig Feingefühl haben und sogar bei einer Beisetzung für schlechte Stimmung sorgen um im Mittelpunkt zu stehen.


    Es gibt kein richtig und kein falsch, es ist dein letzter Weg gewesen mit deinem Dad, dem ihr Kinder zur Grabe getragen habt und da müssen nicht Wünsche der anderen zählen, so hart es klingt, den es war Eurer Vater.


    Ich würde mir wünschen, dass die Menschen wirklich mehr Feingefühl entwickeln in dieser Welt, dann wäre vieles leichter.


    Leisen Gruß und viel Kraft weiterhin

    Marek Jan

  • Hallo,

    Vielen vielen Dank für eure Antworten!

    Die Zustimmung tut soo gut!

    Ich fühle mich sonst mit meiner Meinung immer sehr alleine, weil ich auch nicht so darüber sprechen kann.

    Es ist bei uns dann noch etwas eskaliert und ich bin in die leere Wohnung von meinem Vater gezogen. Inzwischen aber wieder zurück, da es auch mit dem Kind Zuhause einfacher ist.

    Wir ignorieren das Thema im Moment und leben nebeneinander her.

    Meine Eltern vermisse ich weiterhin unendlich und versuche für sie stark zu sein, weiterzumachen und die ganzen Nachlass Dinge zu regeln.

    Ganz liebe Grüße!

    Lila

  • Liebe Lila,


    erst mal tut es mir sehr leid, dass du bereits beide Elternteile verloren hast. Mein Paps ist jetzt 3 Jahre tot und er fehlt mir schrecklich.


    Ich kann meinen Vorschreibern nur recht geben, du musst gar nichts, es war dein Papa und es ist deine Trauer und in der Trauer ist nur wichtig was sich für dich richtig anfühlt.

    Ich habe ja leider schon mehrere Menschen verloren, die mir sehr viel bedeutet haben und immer habe ich anders reagiert, aber immer war es mir egal was irgendjemand von mir erwartet, es war jedes mal mein Herz das mich geleitet hat.


    Als mein Mann starb war es mir unmöglich seine Schwestern zu umarmen, dafür aber unsere Nachbarin.


    Bei meinem Paps lagen mein jüngerer Bruder und ich uns in den Armen, bei meinem älteren Bruder konnte ich das nicht.


    Ich kenne übrigens auch das Problem, mit den Schwiegereltern.

    Mein Mann stand auch immer auf deren Seite und nicht einmal hinter mir.

    Es gab oft Ärger deswegen, als ich ihn darauf ansprach meinte er " das sind doch meine Eltern es ist meine Pflicht zu ihnen zu stehen."

    Was sollte ich da noch sagen, er war einfach so erzogen , noch schlimmer wurde es als mein Schwiegervater starb, er hatte ihm versprochen für seine Mutter zu sorgen.

    Erst als er krank wurde und merkte, dass seine Mutter immer noch so fordernd war und keine Rücksicht nahm, stellte er sich gegen sie und entschuldigte sich und bedankte sich bei mir für das was ich für ihn alles getan habe.


    Ich kann dir nur raten, das Problem offen anzusprechen nur so hast du die Möglichkeit zu reagieren und vielleicht auch Konsequenzen zu ziehen.


    Ich wünsche dir alles Gute

    Marlies

  • hallo Lila,

    ich schreibe hier als Gast und kann Dir wirklich nur raten:

    sortiere ALLE aus, die emotionale Forderungen an Dich stellen oder Dir erzählen wollen, wie und wie lange Du zu trauern hast! oder etwas von wegen: "... das Leben geht weiter ...", "... mach das so und so ...", "... DAS darfst du nicht und DAS auch nicht und SOWAS macht man nicht ..."

    es ist DEINE Trauer und nur DU bestimmst, wie Du trauerst oder wen Du in DEINER Trauer dabei haben kannst oder möchtest!

    der Verlust ist schlimm genug und Du hast reichlich damit zu tun, dies auch nur ansatzweise zu verarbeiten - es ist extrem wichtig, dass Du DEINE Entscheidungen FÜR DICH triffst und nicht für Andere!


    Die meisten Menschen schweigen über das Sterben oder den Tod und sind völlig überfordert, wenn es Bekannte/Freunde betrifft, reden plötzlich nur noch dummes Zeug oder stellen Erwartungen an uns, welche wir nicht erfüllen können


    EIN EINZIGER Mensch, ein flüchtiger Bekannter, hat bei mir einen sinnvollen Satz von sich gegeben:

    was soll ich dazu sagen? ich sage lieber nichts, denn kein Wort kann helfen!


    ich wünsche Dir den erforderlichen Durchblick und Menschen um Dich herum, welche verstehen und tatsächlich helfen können


    :k110: trauriges MM

  • Danke Ihr Lieben - ähnliche Erfahrungen habe ich auch gemacht - und dachte bislang, ich stünde allein damit.


    Der Ehepartner ist nicht unbedingt derjenige, der einen in der ersten Phase der Trauer stützt. Die Schwiegereltern spielen mit, das kann schwierig werden, und der Ehepartner fühlt sich vielleicht auch durch seine trauernde Ehefrau verletzt, denn sie ist nun eine Andere, Trauernde. Diese Situation kann die Beziehung sehr ernsthaft gefährden, weil wir als Trauernde uns dann nochmals von Familienmitgliedern und Partnern verlassen fühlen. Eine Lösung habe ich leider nicht, aber ich möchte Dir mein herzliches Mitgefühl ausdrücken, liebe Lila. Deinen Weg wirst Du weitergehen.

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