Der Tod meines geliebten Vaters

    Die richte Einleitung zu finden fällt mir schwer daher fang ich einfach mal an.
    Mein Vater war ein sportlicher Mann der das Leben und seine Arbeit und mich liebte. Er rauchte nicht, trank keinen Alkohol und lebte sehr gesund. ( soweit ich das noch weis )
    Da meine Eltern getrennt lebten verbrachte ich jede Ferien und jedes Wochenende bei meinem Papa. An meinem 14 Geburtstag wäre ich ganz zu ihm gezogen. Wir hatten ein tolles Verhältnis das geprägt von liebe und Zuneigung war.
    Es war Helloween Sonntag. Wie immer gingen Papa und ich ins Schwimmbad. Abends brachte er mich heim und wir wollten wie jeden Montag nach der Schule telefonieren.
    Doch es sollte nicht so kommen..


    Irgendwann spät abends 20 Uhr klingelte unser Telefon und als meine Mutter auflegte merkte ich sofort es stimmte etwas nicht. Ich saß mit meiner Freundin am Esstisch die bei mir sonntags immer übernachtete da wir gemeinsam Montag in die Schule gingen. Ich war damals 2003 genau 10 Jahre alt.
    Meine Mutter erklärte mir mein Papa sei in Ohnmacht gefallen und im Krankenhaus. Er lag im Koma. Erklären konnte/wollte sie es mir nicht. Die darauf folgenden 8 Wochen waren sehr schlimm für mich. Die Mutter meines Vaters versuchte mir zu erklären das mein Papa einen Herzinfarkt hatte und wiederbelebt wurde und Seiddem im Koma lag. Ich durfte ihn nicht besuchen da er auf der intensiv Station lag. Nach diesen 8 Wochen wurde mir schonend erklärt dass mein Vater in einen Dauerschlag gefallen sei und nun in ein Pflegeheim gebracht wurde und ich ihn endlich besuchen darf. Ich freute mich unendlich. 2 Monate ohne meinen Papa waren sehr schlimm. Ich war zwar viel bei meiner Oma und wir waren in seinem Haus da wir uns um seine Tiere ( die auch mir gehörten ) gekümmert haben. Mein Papa und ich hatten viele Meerschweinchen und Hasen.


    Der Tag des Besuches stand an. Mir wurde gesagt dass er nicht ansprechbar sei. Dass er im Rollstuhl saß sehr dünn geworden sei und vieles anders sei. Das Pflegeheim war dennoch n schöner Ort. Die Schwestern waren sehr nett und auch die Ärztin und Psychologin die mit mir hinein ging waren alle sehr lieb.
    Als die Türe aufging sah ich einen Mann "festgeschnallt" in einem großen Rollstuhl. Er hatte keinen Schnauzer Bart wie mein Papa und war sehr dünn. In seinem Hals steckte eine Kanüle durch die er atmete.
    Ich brach sofort zusammen und setzte mich neben ihn. Ich realisierte es ist mein Papa aber er sprach nicht und war so gar nicht der den ich kannte. Dieser Tag war für mich sehr traumatisierend aber dennoch schön. Endlich war ich wieder bei ihm. Konnte ihn berühren küssen und bei ihm sein. Nach diesem Tag bin ich jeden Tag bei ihm gewesen. Mit der Zeit lernte ich damit umzugehen. Ich erfuhr das er im Wachkoma lag. Ich las ihm Geschichten vor erzählte ihm wie es unseren Tieren geht. Sehr oft hab ich geweint und ihn angefleht dass er doch aufstehen soll, dass ich ihn bräuchte, das ihn alle vermissten doch er blieb stumm. An manchen Tagen ging es im besser an manchen Durfte ich nicht zu ihm. Ich weis jetzt heute das mein Vater während dessen einen Schlaganfall erlitt und nochmals einen Herzinfarkt. Heute weis ich viel über Wachkoma aber als 10 jähriges Mädchen wusste ich nicht was los ist.
    Als mein Papa im Juli 2014 Geburtstag hatte seinen 40 Geburtstag ( er fiel mit 39 ins Koma) feierte ich seinen Geburtstag mit ihm.


    Im September 2014 kein Jahr später als er ins Koma fiel starb er. Er verstarb an einer Lungenembolie. Für mich war dieser Tag das schlimmste was ich in meinen 11 Jahren leben erfahren musste ( ich wurde kurz vor seinem Tod 11). Ich war kurz zuvor noch bei ihm. Sein Luftröhrenschnitt mit der Kanüle musste mehrmals täglich abgesaugt werden und an diesem Tag war es besonders schlimm. Morgens lebte er noch, abends kam der Anruf er sei verstorben.


    Ich weis noch genau als meine Mutter mir das mitteilte war für mich die Zeit still gestanden. Bis zur Beerdigung war ich nicht ansprechbar, nicht mehr auf dieser Welt.


    Am Tag seiner Beerdigung wurde mir das alles bewusst. Er würde nie mehr mit mir unsere Tiere versorgen gehen, nie mehr gehen wir schwimmen und nie mehr wird er mir sagen wie sehr er mich liebte.


    Heute 12 Jahre später fällt es mir immernoch schwer persönlich mit jemandem darüber zu sprechen. Für mich war mein Papa mein Held und die Zeit im Wachkoma hat mich geprägt. Ich bin bis heute schwer traumatisiert von unserem ersten Treffen. Ich kann bis heute nicht verstehen wieso ein Mann mit 39 Jahren sowas erleben muss. Jetzt weis ich dass es für ihn Erlösung war. 1 Jahr Wachkoma in dem er sehr litt nicht ansprechbar war, eine Pflegefall war, war niemals dass was mein Papa wollte.


    Es tat sehr gut das hier aufzuschreiben. Dennoch weiß ich dass ich niemals ein 100% glückliches Leben führen werde. Es war ein Teil gestorben in mir den niemand auf dieser Welt mir wieder geben kann. Ich leben zwar seid 5 Jahren in einer sehr guten und schönen Beziehung ( bin jetzt 23 ) doch ich kann nicht sagen ich bin 100% glücklich.
    Mein Papa hat diesen Freitag Geburtstag. Dieser Tag ist für mich schlimmer als sein Todestag der 8.9. Papa wäre dieses Jahr 52 geworden. Ich kann diesen Tag nur schwer ertragen. Der Gang an sein Grab ist Pflicht doch er kostet mich jedesmal Überwindung.


    Doch an sein Grab ist der einzige Ort an dem ich ihn nah sein kann. Ich spüre seine Umarmungen, ich spüre seine Küsse auf meinem Haar, ich höre seine Stimme, ich weis er hat mich mehr geliebt als sein eigenes Leben.


    Papa. Wenn du das lesen könntest sollst du wissen dass ich die 10 Jahre die wir gemeinsam zusammen hatten in denen du gesund warst die schönsten meines Lebens waren. Kein böses Wort ist jemals gefallen.
    Der Traum dass du mich zum Trau Altar einmal führen würdest den ich als kleines Kind hatte wird sich nicht erfüllen, aber ich weis wir sehen uns irgendwann wieder und dann kann ich dir nochmal sagen wie sehr ich dich liebe.


    In liebe deine Tochter :kerz005:

  • Es muss wirklich ein riesiges Trauma deinen Vater so sehen, in Wachkoma so dünn und ohne die Möglichkeit zu reden...... es ist doch auch sehr tröstlich dass du heute ihn bei dem Grab noch spüren kannst.
    Ich zunde ich eine Kerze für deinen Papa an und lade dich ein in diesem Forum, nimmt die Zeit zu registrieren und du wirst bald merken wie viele andere hier haben ihre Eltern verloren und wie wichtig ist die eigene Erfahrungen hier teilen und gegenseitig helfen...
    :kerz004:

  • Danke, dass du deine Erfahrungen mit uns teilst. Es tut mir sehr leid, dass du als junges Mädchen dieses schreckliche Erlebnis hattest. Es ist schlimm so etwas zu erleben und nicht darüber reden zu können. Es ist sicher gut für dich, des erlebte nieder zu schreiben. Vielleicht beginnt damit die Verarbeitung deiner Trauer und du kannst für dich einen Weg finden, damit zu leben und trotzdem glücklich zu sein. Hier im Forum haben wir alle einen oder sogar mehrere geliebte Menschen verloren. Wir wissen welche Gefühle einer trauernden Person zu schaffen machen, weil wir selbst es durchmachen. Deshalb wirst du hier nie auf taube Ohren stoßen. Es wird immer jemand für dich da sein. Wenn möchtest, dann melde dich an und schreibe mit anderen, die auch Elternteile verloren haben. Es tut gut, sich auszutauschen und Verständnis zu finden.


    Liebe mitfühlende Grüße
    Manuela


    Für deinen Papa :trauerkerze_18:

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