Meine Mutter braucht dringend Hilfe

  • Hallo liebe Leser,
    ich bin ratlos und weiß nicht mehr weiter, weshalb ich mich jetzt mal an diese Seite wenden möchte.


    Vor sage und schreibe 15 Jahren ist mein Vater im Alter von 47 Jahren plötzlich bei einer Untersuchung im Krankenhaus gestorben, Er war zwar sehr krank, aber dennoch hat niemand damit gerechnet, dass er so schnell stirbt.
    Das war für meine Mutter und mich ein großer Schock.
    Ich selbst war 2-3 Jahre in psychologischer Therapie um es zu verarbeiten.
    Meine Mutter hat diesbezüglich nie etwas unternommen, außer sich Medikament verschreiben zu lassen.
    Sie hat ihr Leben einigermaßen in Griff, aber seit geraumer Zeit z.b. auch wieder mit Angstzuständen zu tun.
    Mittlerweile bekommt sie vom Nervenarzt und von einer Heilpraktikerin wieder Tabletten für die Nerven.
    Gestern hat meine Mutter mich völlig verzweifelt angerufen und mir ihr Herz ausgeschüttet.
    Was viele schon lange vermutet haben, hat sie mir gestern endlich mal selbst gesagt.
    Sie ist völlig am Ende, weil sie meinen Vater so sehr vermisst. Auch nach 15 langen Jahren immer noch so sehr.
    Sie kann ohne ihn einfach nicht leben und funktioniert einfach nur noch.
    Meine Mutter hatte eine sehr schlechte Kindheit und durch meinen Vater hat damals ihr Leben erst richtig angefangen, so sagt sie.
    Und ihr war immer klar, sollte er mal gehen, wird auch ihr Leben vorbei sein.
    Das einzige was sie die ganze Zeit noch aufrecht erhält sind wohl mein Sohn (8) und ich, sagt sie.
    Hinzu kommt noch, dass damals 6 Tage nach meinem Vater auch ihre Mutter schwer krank im Krankenhaus gestorben ist. Und das alles 3 Tage vor Weihnachten.


    Meine Mutter hat sich bisher nicht helfen lassen, weil sie meint, sie bräuchte das nicht, könnte mit niemandem anderem darüber reden und es könnte ihr auch niemand helfen.


    Gestern war sie soweit Hilfe anzunehmen, sofern ich sie unterstütze. Das möchte ich natürlich sehr gerne tun, weiß aber nicht wie.


    Genau deshalb bin ich jetzt hier gelandet, in der Hoffnung auf Tipps und Erfahrungen.
    Ich bin mir nicht sicher, ob eine "normale" Trauerbewältigung z.b. noch das richtige ist.
    Was gibt es noch für Möglichkeiten?


    Inwiefern ist es noch "normal" nach 15 Jahren so dermaßen darunter zu leiden?
    Sie hat viele im Bekanntenkreis, die nach ihr ihren Partner verloren haben, aber niemand hat solche Probleme wieder auf Kurs zu kommen, wie sie.


    Natürlich empfindet jeder den Tod anders bzw. geht anders damit um, dass sage ich ihr so oft. Aber jetzt bin ich erstmal froh, dass sie Hilfe annehmen möchte. Sie igelt sich nur noch ein und wird teilweise auch richtig grantig und gemein anderen gegenüber. Sie hat eigentlich viele Freunde, allerdings distanzieren sich schon einige von ihr wegen ihrer Art und Weise.


    Ich wäre sehr froh und dankbar über irgendwelche Tipps oder Ratschläge.


    LG, Kali.

  • Liebe Kali,


    erst einmal willkommen hier im Forum. Es ist schön, dass Du Deiner Mama helfen möchtest und dieses Forum ist - in meinen Augen - sogar ein sehr geeigneter Ort dafür.


    Du schreibst, es ist nun 15 Jahre her und Dein Papa war damals 47. Wie alt ist Deine Mama jetzt? Hat sie einen Computer oder weiß sie zumindest, wie man ihn bedient? Oder ein Smartphone? Ich glaube, es würde ihr vielleicht helfen, wenn sie sich hier eventuell selbst anmelden würde, um sich mit Menschen auszutauschen, die ähnliches erlebt haben oder die die gleichen Gefühle haben wie sie.


    Ich habe mich vor etwa sehs Jahren hier aus genau dem gleichen Grund angemeldet. Mein Papa starb im Jahr 2001, und ich hatte damals das Gefühl, dass ich Hilfe brauche, aber den Schritt zu einem Therapeuten habe ich nicht gewagt. Für mich war es damals das Beste, dieses Forum gefunden zu haben. Es hat mir sehr geholfen. Und ich würde mich freuen, wenn es auch für Deine Mama eine Stütze in dieser Zeit sein kann.


    Wenn Deine Mama keinen Computer oder Smartphone hat, kann sie vielleicht bei Dir etwas surfen und hier dabei sein? Oder Du kaufst ihr sowas und hilfst ihr etwas, sich hier zurechtzufinden?


    Ich hoffe sehr, dass Ihr einen Weg findet, mit der Trauer umzugehen und wieder ins Leben zu finden. So lange zu trauern ist auf jeden Fall nichts ungewöhnliches. Wie Du siehst, bin ich hier auch noch aktiv, obwohl der Tod von meinem Papa schon 15 Jahre zurück liegt. Er wird immer fehlen.


    Alles Liebe für Dich und Deine Mama,


    Nicole

  • Vielen lieben Dank Ihr zwei. Ich bin einfach nur froh, dass sie es nun wirklich selbst einsieht und es nicht mehr leugnet. Demnach ist es für mich selbstverständlich, dass ich ihr gerne helfen möchte.
    Meine Mutter war damals 44 Jahre, als mein Vater und ihre Mutter starben,
    Vor einem Jahr habe ich ihr ein Smartphone gekauft, welches sie auch einigermaßen nutzt. Allerdings hat sie vom Internet über haupt keine Ahnung. Ich denke leider auch nicht, dass auch wenn es so wäre, sie sich hier nicht melden würde.
    Gehe ich recht in der Annahme, liebe Uschi, dass du auch meinst, dass eine richtige psychth. Therapie nötig wäre und eine "normale" Trauerbewältigung wohl nicht mehr helfen würde?
    Mir ist noch nicht so bewusst, wohin ich mich für eine Therapie richtig wenden muss und befürchte, dass es bestimmt lange Wartezeiten geben wird.
    Deshalb hatte ich auf evtl. Ratschläge oder Tipps gehofft. ;)


    LG

  • Hallo Kali,
    wenn ein Mensch plötzlich und unerwartet stirbt, kann dies ein Trauma auslösen. Es ist aber sehr schwer über jemanden zu schreiben, den man nicht kennt und wir können Dir nur unsere eigene Erfahrungen weitergeben. Z.B. für Köln gibt es eine Stelle, die offene Psychotherapie Plätze, die sofort verfügbar sind Dir sagen kann. Ich weiß ja nicht, wo deine Mutter lebt. Du kannst Dich auch an die Krankenkasse wenden. Des Weiteren gibt es oft in der "Psychiatrie" Ambulanz, die können auch oft weiter helfen auf der Suche nach einen Psychologen.


    Meine persönliche Meinung ist, dass Medikamente nur den Schmerz unterdrücken. Sie können in der Trauer nötig sein, aber nur Medikamente sind laut meiner persönlichen Meinung keine Lösung. Es gibt aber auch Menschen, die ihr ganzes Leben "trauern". Der erste Weg ist es sich einzugestehen, dass man Hilfe braucht. Nicht um über den Menschen hinweg zu kommen, sondern mit der Trauer und den Schmerz umgehen zu können.


    Man kann auch "Trauer" nicht vergleichen. Auch wenn andere den Partner verloren haben, in Wirklichkeit, wissen wir nicht, wie es den Menschen geht. Viele laufen mit einer Maske rum, weil von ihnen sehr schnell erwartet wird, dass sie wieder funktionieren. Sie vermitteln den Mitmenschen sehr schnell, dass es ihnen gut geht, aber in Wirklichkeit weinen sie, wenn es keiner sieht.


    Wer möchte den über Schmerz, Trauer reden? Kaum einer, denn es betrifft die Menschen meist nicht, die es nicht erlebt haben. Wir Leben in einer Welt, in der Trauer noch "Tabu" ist, die kaum einen interessiert, weil man sich damit "belasten" würde und das möchte kaum einer. Jeder versucht die Trauer wegzuschieben, weil er weiß, dass diese einen selbst irgendwann im Leben treffen wird. Ich finde es sehr schade, dass sehr viele Menschen mit Ihrer Trauer alleine gelassen werden.


    Wenn Dich jemand fragt, wie geht es Dir und Du antwortest nicht erwartungsgemäß mit "gut" sondern, "mir geht es sehr schlecht" werden die meisten in den Moment überfordert sein, weil sie die Frage oft einfach so stellen. Genau wie es Sätze gibt: Es ist so viel Zeit vergangen, es müsste gut sein. Aber die Menschen haben gar keine Ahnung, was sie sagen, denn ihr Leben ist "normal" weiter gelaufen. Deine Mutter hat den Mittelpunkt, die Zukunft verloren mit deine Dad, nicht sie.


    Ich finde es sehr gut, dass Du deine Mutter beistehen möchtest und wünsche Dir sehr viel Kraft dabei. Vielleicht wäre es auch deiner Mutter gut tun über dein Dad mit Dir zu reden?


    Liebe Grüße
    Marek Jan

  • Hallo,
    bei meiner Mutter ist es ähnlich. Mein Vater starb vor 6 Jahren und meine Mutter will oder kann es bis heute nicht akzeptieren.
    Meine Mutter hat zwar schon 2mal Hilfe in Anspruch genommen - Psychosomatische Klinik in Bad Staffelstein. Nach 10 Wochen war sie einigermaßen stabilisiert.
    Dies "half" so knapp 2 Jahre und dann ging es langsam aber stetig bergab. In diesem Jahr war sie 12 Wochen stationär in Behandlung. Ihr wurde dringend angeraten den erzielten Therapieerfolg ambulant weiter zu festigen. Erst sagte sie ja dazu - jetzt heißt es, ich brauche es nicht.
    Aber der Dreh- und Angelpunkt ist der Patient der die Hilfe braucht. Sagt dieser zu allen "NEIN" kann man sich als Anghöriger die Hacken ablaufen und es geht doch nicht voran.
    Vielleicht hat der Hausarzt die Zeit und die Lust - deiner Mutter klar zu machen, wie wichtig das für sie ist. Ein Arzt hat manchmal bessere, oder andere Argumente.
    Gruß Edith

  • Neu erstellte Beiträge unterliegen der Moderation und werden erst sichtbar, wenn sie durch einen Moderator geprüft und freigeschaltet wurden.

    Hier handelt es sich um ein Trauer-Austausch-Thema.
    Bitte in diesem Thema KEINE Kerzen verwenden.