Selbstmord auf Raten...

  • gestern war es 4 wochen her, als mich mein liebstes verlassen hat. eigentlich darf es keine überraschung sein, das er stirbt- es musste eines tages passieren...
    und doch ist es unbeschreiblich schockierend, auf diese art und weise verlassen zu werden. diese leere, die ich seither in mir habe, lässt sich mit nichts und wieder nichts füllen. ich finde keinen weg, am leben eine auch noch so kleine freude zu finden. alles was ich tue läuft mechanisch ab, so als wäre ich ein roboter ohne gefühle...
    markus war eigentlich schon seit langem schwer krank- aber er hat sich rigoros gegen einen arztbesuch geweigert, immer schon. rein fachlich gesehen ist er an einer leberzirrhose verstorben. kein wunder nach drogenkonsum und alkoholismus! seit einem halben jahr klagt er über bauchbeschwerden, magenschmerzen bishin schwerem blutigem durchfall u. sogar blut im urin (letzteres bereits 4 wo. vor seinem tod !). und NIE! war er dazu zu bewegen, zum arzt zu gehen, geschweige denn ins krankenhaus. ich habe in allen möglichen variationen auf ihn eingeredet, vor allem als er den durchfall 4 wo. vorher hatte, das es lebensgefährlich ist, was er tut. keine chance!
    jegliche hilfe, egal ob einen tee kochen, lagerung oder sonstiges, wurde abgelehnt.
    bis auf unser letztes wochenende. am feitag abend nach meiner arbeit rufe ich ihn wie immer an, das ich jetzt heimkomme. er sagt, er habe wieder diesen durchfall.eine unbewusste vorahnung lässt mich heim rasen...
    diesmal nimmt er jede hilfe von mir an. ich darf ihm tee kochen, zwieback geben, bauchmassagen,bade ihn usw.alles wird angenommen. wir gehen unheimlich ruhig miteinander um. und doch will er nicht ins KH. "NEIN, die behalten mich da", so seine worte übers gesamte we.und all sie zeit bleibe ich bei ihm.die symptome verschlimmern sich zusehends,so das er nur noch auf der couch liegen kann. in der nacht zum sonntag um 2 gehe ich dann doch hoch ins bett, weil ich einfach nicht mehr kann. um 4 kommt er zu mir und sagt "jetzt können wir fahren..." das war das zeichen, das es vorbei ist- natürlich in dem moment für mich unbewusst. "aber vorher möchte ich noch ein bad, ich will nicht, das die mich so stinkend sehen." ich gebe ihm ein bad, wasche ihn gründlich-alles in völliger ruhe und ohne viele worte zwischen uns. danach bringe ich ihn zurück ins bett, um ihn anzuziehen. er sagt, er braucht noch 10 min...gut, dann hole ich schonmal das auto vor die türe, nehme alle papiere zusammen, kleide mich an. gehe zurück zu ihm, will ihn anziehen, er braucht noch 10 min...sehe ihn an- er hat schon eine grüne gesichtsfarbe und die ersten atemprobleme... jetzt hole ich den notarzt!du bist nicht mehr transportfähig! "ja" seine antwort.inzwischen ist es 5.30. bis der notarzt 10 min später da ist fragt er ständig "sind sie schon da?" sein bewusstsein schwindet bereits ganz langsam...ich sage ihm, gleich sind sie da- ich bin bei dir!, halte immer seine hand und schaue in seine augen...ohne worte sagt er wie sehr er mich liebt- worte waren nie grossartig nötig zwischen uns.als die ambulanz da ist, machen sie alles mögliche- tropf, sauerstoff etc. und ich bin bei ihm...dann plötzlich sagt er mit seinen augen "auf wiedersehen" zu mir- erbricht u. ****** 2 liter blut...natürlich machen die ärzte noch eine halbe stunde reanimation, aber es war zu spät!
    mein liebstes wusste unbewusst schon seit einem halben jahr, das er sterben wird; sein wesen hat sich seither extrem verändert. er wollte mich aus der beziehung verstossen, verletzend, ungerecht, böse, keine freude am leben mehr.
    und ich bin geblieben bei ihm, mit ihm- bis zum schluss... WEIL ICH IHN LIEBE!
    nur, was soll ich nun machen ohne ihn- mein leben ist gegangen... wie nur soll ich den sinn im leben wiederfinden? die freude daran?
    ich(31 j.) verlor meine grosse liebe (46 j.); der einzige mann, mit dem ich leben konnte, mit dem ich alt werden wollte...verlor ihn durch seinen unglaublichen stursinn, seinen egoismus!
    aber eins lässt mich all die zeit ruhig sein- zu wissen, alles ging in seinem sinne. er wollte immer einen schnellen tod im eigenen bett und danach in den bergen verstreut werden. all dies hat er bekommen...wir hatten unseren eigenen abschied- in liebe...

  • Hallo Wulpinchen
    ich bin sehr neu hier in diesem Forum und lese noch still sehr viel. Doch als ich eben Deinen Gastbeitrag las musste ich einfach antworten. Ich habe meinen Papa verloren an den Alkohol. Ich denke ich weis wie sehr Du leidest. Seit ich ein Kind war sah ich wie er sich auf Raten selbst tötete und niemand sprach mit ihm darüber. Erst mit dreissig Jahren (im Rahmen meiner eigenen Therapie) wurde mir aber bewusst das mein Papa Alkoholiker war. Ich habe ihn sehr geliebt, doch auch dies wußte ich erst als ich ihn verloren hatte. Trost spenden ist sehr schwer, niemand lebte ja des anderen Leben. Doch ich kann Dich wissen lassen das Du nicht allein bist, das es Menschen wie Dich gibt, überall. Die Trauer an sich wird auch nie vergehen, sie wird vieleicht irgend wann ein wenig leichter zu ertragen. Vieleicht kann Dich der Gedanke trösten das er nicht allein war als es geschah, Du warst für ihn da. :troest:
    Mein Papa starb allein und verlassen weil ich schon zwei Jahre keine Kraft hatte ihn zu sehen. :traurig01:
    :trauerkerze_59: einen leisen Gruß ,Tina

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