Erleichtert nach seinem Tod... Bin ich noch normal?

  • Ich weiß gar nicht, wie ich anfangen soll...


    Mein Vater ist vor ein paar Monaten gestorben. Er war schon alt. Ich hatte nie wirklich einen guten Kontakt zu ihm. Wir haben nur alle paar Monate telefoniert. Er hat viel getrunken, war immer so desolat. Ich konnte das kaum ertragen. Für die Familie war es irgendwie einfach nur eine Erleichterung, dass er gestorben ist. Er hat nur Probleme gemacht. Er war einfach nur noch eine Last mit seinem Verhalten und seinen Saufgelagen. Meiner Meinung nach ist er irgendwie schon vor 2 Jahren gestorben, da wurde es erst richtig schlimm. In meiner Kindheit hatte ich ein sehr gutes Verhältnis zu ihm, je schlimmer aber die Sucht wurde (leider mit dem Alter immer mehr), desto weniger wollte ich mit ihm zu tun haben. Nichtsdestotrotz hat er sich immer bemüht um mich, wenn er denn einen klaren Moment hatte.


    Obwohl ich schon geahnt hatte, dass es bald passiert, war ich doch ziemlich fertig und schockiert. Die ersten 2 Wochen nur am heulen. Nach der Beerdigung wurde es irgendwie besser. Ich war zwar immer noch ziemlich fertig, aber konnte bereits einen Monat später auf Arbeit über einen blöden Fehler lachen, den ich gemacht habe. Meine Kollegen waren alle schockiert.Die dachten, mir reißt das den Boden von den Füßen weg, war aber nicht so. Ich war zwar ziemlich neben der Spur, aber nach außen war alles "ok". Es war eine ziemlich einsame Zeit. Mit meinen Freunden konnte ich nichts anfangen, meine Familie ging mir total auf die Nerven, meine Kollegen mieden mich. Aber ich lag nie tage/nächtelang heulend im Bett.


    Wenn ich hier die Beiträge lese,dann kriege ich ein verdammt schlechtes Gewissen. Ich muss doch eigentlich fix und fertig sein. Bin ich irgendwie nicht. Ist das normal?


    Geht es manchen Leuten auch so?

  • Lieber Gast,
    ich denke du solltest kein schlechtes Gewissen haben. Menschen, die so dem Alkohol verfallen sind, sind schwer krank, aber in "lichten" Momenten ist auch ihnen oft bewußt, wie sehr sie sich und auch ihrer Familie durch das Trinken schaden. Weil sie aber allein ohne Hilfe da nicht herauskommen oder auch Hilfe nicht annehmen wollen, ist das wie ein Teufelskreis. Sie mögen sich dann selbst so nicht mehr, weil sie ihre Probleme nicht lösen können und benutzen leider den Alkohol um sich Stück für Stück aus dem Leben zu schießen. Wie das bei deinem Vater war, kann man von außen nicht beurteilen, aber vielleicht wollte auch er nicht mehr, weil er keinen anderen Ausweg mehr wußte. Gönne ihm doch seine Ruhe und erinnere dich an die schönen Momente mit deinem Vater, denn für ihn ist eigentlich ein langer Leidensweg zu Ende gegangen.
    In stiller Umarmung
    Annemone

  • :kerze-viel-kraft_02: Lieber Gast!
    Natürlich bist Du normal! Auch wenn Du zwar irgendwie erleichtert bist, bist Du trotzdem ganz schon traurig. Auch wenn Du es Dir nach außen hin, nicht anmerken lässt. Ich kenne Deine Gefühle nur zu genau. Ich hatte mein Leben lang Angst vor meinem Vater. Ich wolllte immer seine Achtung und Anerkennung. Schon als Kind, aber da hat er das nur ausgenutzt. Später habe ich mich dann gewehrt. Da wurde es besser. Dann starb mein Bruder. Und ich dachte, wir wachsen enger zusammen. Aber die haben mich bei seiner Beerdigung einfach vergessen und auch später war ich nicht so wichtig. Dann wurde meine Mutter Krank. Und nach 8 Jahren ist sie dann gestorben. Dann hatte ich die Verantwortung für meinen Vater, denn da begann seine Demenz. Er war zwar im Altenheim, aber die Sorgen haben nie aufgehört. Nun ist er ja am 26.09.2013 gestorben und das hat mich echt umgehauen. Ich weiß irgendwie gar nicht, wo ich jetzt stehe. Einerseits bin ich erleichtert, dass ich die Verantwortung abgeben konnte und er mit 84 Jahren friedlich eingeschlafen ist. Andererseits fühle ich mich entwurzelt und leer.


    Mit leisen Grüßen
    Birgit :trauerkerze_031::trauerkerze_032:

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