Gewaltige Trauergefühle

  • Mein Schwiegerpapa ist am Montag dieser Woche nach einer Krebserkrankung von uns gegangen. Er fehlt uns allen sehr und die Tage waren für uns vor seinem Tod und auch danach sehr schwer.


    Mein Mann und sein Bruder waren bis zu seinem Tode für ihn da, und dass hat er auch gespürt, denn er ist friedlich eingeschlafen.


    Alle haben sich von ihm noch einmal im toten Zustand verabschiedet. Ich wollte das nicht, da ich ihn am vorletzten Tag im Krankenhaus noch einmal gesehen habe und er uns mit seinem verschmitzten Lächeln verabschiedet hat, als wir gingen. Dieses Lächeln verbunden mit einem lustigen Spruch auf den Lippen, habe ich immer schon an ihm gemocht und genau so wollte ich ihn in Erinnerung behalten. Ich weiß, dass es besser für ihn war zu gehen, denn die Ärzte haben uns nicht mehr große Hoffnungen gemacht, dass er sich wieder erholt. Mit 85 Jahren hatte er ein erfülltes und glückliches Leben und bis vor 4 Wochen ist er auch noch herumgelaufen, wie ein Wiesel. Er hat mit seiner Frau viele Reisen um die Welt gemacht und hat vieles erlebt.


    Wir haben zusammen mit der Mutti alle organisatorischen Sachen zwecks Beerdigung erledigt. Schwiegerpapa wollte einen anonyme Baumbestattung, ganz schlicht und keine große Feier. Als wir bei der Friedhofsverwaltung waren und wir über den Friedhof liefen, um uns einen schönen Baum für ihn zu suchen, kamen gewaltige Trauergefühle zum Vorschein und es war mir selbst sehr unangenehm gegenüber meinem Mann und seiner Mutti, weil die beiden ja schließlich auch mit ihren Gefühlen ringen.


    Als wir wieder zu Hause waren, schaute ich auch mein Handy wegen der Bilder der ausgesuchten Bäume und sah, dass mein Mann von meinem Schwiegerpapa Fotos gemacht hatte, als er tod im Krankhaus in seinem Bett lag. Dies hat mir dann noch den Rest gegeben.


    Diese starken Gefühle haben wahrscheinlich auch einen tiefer liegenden Grund, der aus meiner Vergangenheit rührt. Vor 29 Jahren haben mein damaliger Mann und ich unseren Sohn im Alter von 1,5 Jahren verloren. In unserer Altbauwohnung ist Kohlenmonoxid ausgetreten und daran ist unser Sohn erstickt und wir beide mussten ins Krankenhaus. Das war ein großer Schock. Damals dachte ich, dass ich das alles nur träume. Ich wusste im Nachhinein auch nicht wohin mit meinen Gefühlen. Mein Ex-Mann hat die Trauer mit sich ausgemacht und nicht darüber gesprochen, mit meinen Eltern konnte ich auch nicht darüber reden, meine Schwester war auch nicht der richtige Ansprechpartner, da unser Sohn an ihrem Geburtstag gestorben ist. Alles Organisatorisches haben damals meine Schwiegereltern für uns erledigt. Kurzum, habe ich meine Trauergefühle irgendwie verdrängt, diese aber nie verarbeitet. Meine Schwester hat mir heute erzählt, dass ich von außen wirkte, als ob ich überhaupt nicht trauern würde.


    Heute Morgen um 4 Uhr bin ich schweißgebadet aufgewacht und mir gingen plötzlich diese abertausenden Fragen durch meinen Kopf. Mein Ehemann ist sehr verständnisvoll, wir haben uns beide und sind immer für uns da, wenn es darauf ankommt. Meine Freundin wohnt zwar in München, aber ich habe auch in ihr ein verlässlichen Ansprechpartner und meine Schwester ist auch für mich da. Also die Situation ist nun eine andere, wie die damalige. Trotzdem habe ich Angst, dass diese Trauer und die damit verbundenen Gefühle nicht in den Griff bekomme.

  • Hallo Memory,


    erst mal willkommen im Forum. Es ist gut, dass du hier her gefunden hast. Mein Beileid zum Verlust deines lieben Schwiegervaters.


    Mit Trauer umzugehen ist sehr schwer. Es gibt kein Richtig oder Falsch. Jeder Mensch trauert auf seine eigene Weise. Das ist auch gut so. Jeder kann nur das Maß an Trauer zulassen das er gerade ertragen kann. Es ist furchtbar, dass du nach dem Verlust deines Kindes mit niemandem reden konntest. So etwas ganz allein durchzumachen ist sehr schwer. Ich denke aber, selbst wenn du damals die Trauer verarbeitet hättest würden dich die Gefühle wieder einholen. Du erlebst jetzt wieder einen Verlust. Musst wieder Trauer erleben. Da ist es doch normal dass die Erinnerungen an den früheren schlimmen Verlust zurück kommen.
    Diesmal musst du aber nicht alles mit dir alleine ausmachen. Wenn du möchtest, dann melde dich hier an. Hier kannst du alles schreiben was dich belastet. Wir verstehen dich und stehen uns gegenseitig bei. Natürlich kannst du auch als Gast weiter schreiben und wir sind für dich da. Aber dann kannst du nicht die Beiträge der anderen Trauernden lesen. Und auch das kann schon helfen. Wenn man sieht, dass es den anderen Betroffenen genau so geht und man mit den eigenen Reaktionen und Gefühlen nicht alleine ist.


    Es ist völlig normal wenn du deine Gefühle im Moment nicht in den Griff bekommst. Es ist gerade mal drei Wochen her seit dem Tod des Schwiegervaters, dazu die Erinnerungen an deinen Sohn. Lass deine Gefühle zu. Weine, rede, schreie, wenn dir danach ist. Ich habe manchmal auf ein Kissen eingeprügelt vor Wut über dieses neue Leben das ich gar nicht wollte. Die Gefühle müssen raus. Und Tränen erleichtern, spülen ein kleines bisschen Trauer weg. Wenn auch nur kurzfristig.


    Ich wünsche dir und deiner Familie viel Kraft und dass ihr einen Weg findet, der jedem seinen eigenen Weg der Trauer zugesteht.


    Liebe mitfühlende Grüße
    Manuela

  • Liebe Memory,


    mein aufrichtiges Beileid zum zum Verlust Deines Schwiegervaters und Deines Sohnes.
    Alle Gedanken rollen jetzt wild durch Deinen Kopf und Dein Herz.
    Das ist völlig normal. Auch, dass Du nach diesem Verlust an den Verlust Deines Sohnes denkst.
    Was mich sehr aufgewühlt hat beim Lesen Deines Posts war der Satz Deiner Schwester.
    Ich stelle mir vor, dass Dich das sehr getroffen hat. Und wenn Du kannst, würde ich nochmal mit ihr darüber reden.


    Für Deinen Schwiegervater :trauerkerze_029:


    und für Deinen Sohn :trauerkerze_53:


    Liebe Grüße Dina

  • Vielen lieben Dank für euren Trost. Es ist schön, dass man Gleichgesinnte hat, die einen verstehen und Verständnis zeigen.


    Nächste Woche gehe ich wieder arbeiten, obwohl ich noch eine Woche krank geschrieben bin. Ich versuche es zumindestens.


    Bevor mein Schwiegerpapa gestorben ist, habe ich meiner Chefin eine Nachricht zu kommen lassen, dass ich aufgrund der schlaflosen Nächte und meiner seelischen Verfassung nicht arbeiten komme. Ich arbeite in einem Kindergarten und wollte einfach nicht in Tränen aufgelöst dort sein. Ihre Reaktion war die folgende: Das tut mir leid, ich hoffe, dass sich das Elend nicht noch länger hinzieht. Kannst du wenigstens deinen Spätdienst machen, wir haben schließlich auch Verpflichtungen, die wir einhalten müssen. Das hat mich zusätzlich so fertig gemacht. Wie kann man als Mensch in einer sozialen Einrichtung so reagieren. Ich verstehe ja, dass gerade in der Krankheitszeit viele Kollegen ausfallen und sie sehen muss, wie sie die Leute einsetzt, aber trotzdem kann man ein bisschen Empathie von ihr erwarten.


    Ich war in den letzten Tagen oft spazieren, obwohl es so kalt war. Seit Dienstag scheint hier bei uns bei klarem Himmel immer die Sonne. Das gibt mir Kraft, denn ich denke, dass meine lieben dort oben auf uns herabschauen und uns sagen wollen, dass alles wieder gut wird.

  • Liebe Memory,


    lass Dich bitte nicht wegen der Arbeit so unter Druck setzen!
    Wenn Du wieder arbeitest, wird 100% Leistung von Dir erwartet. Wenn Du dann einen Fehler machst, sagt niemand: Ach ja, Du warst ja eigentlich noch krank.
    Denk da bitte an Dich.
    Deine Chefin sollte sich zutiefst schämen!!!


    Liebe Grüße Dina

  • Liebe Memory,


    ich will Dir meine aufrichtige Anteilnahme aussprechen und Dir viel Kraft für die ach so schwere Zeit wünschen.
    Ich darf mich auch Dina anschließen, lass Dich nicht unter Druck setzen. Ja und Deine Chefin sollte sich schämen, traurig ist so eine Gefühlslosigkeit.
    Hier im Forum wirst Du immer liebe Menschen finden, die Dir sehr gerne zuhören.


    Liebe Grüße schickt Dir
    Josef

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